laut.de-Kritik
Mantars gehässiger Bruder.
Review von Manuel BergerGute 24 Minuten bringen Kavrila mit ihrem Debüt auf die Stoppuhr. Mehr Zeit brauchen die vier Herren aus Hamburg auch gar nicht, um mit ihrem Pesthauch (un)reinen Tisch zu machen. Wie Mantars gehässiger kleiner Bruder rollt die sehr schwarze Crustpunk-Walze über Land, Leben und Hörer.
Was euch auf "Blight" erwartet, fassen Kavrila in "Golem" selbst ganz schön zusammen: "I bring you scum / I bring you doom / I bring you mayhem / To ruin hopes / Fuck your pride / And fuck your hopes". Genauso schön auf den Punkt wie ihre Texte bringt die Band ihre Songs. Überflüssigen Ballast kennt sie nicht, am wohlsten fühlt sie sich im knappen Zwei- bis Dreiminutenformat. Den größten Teil dieser Spanne verwenden Kavrila in der Regel darauf, kalten Riffregen niederprasseln zu lassen, über den Sänger Alex seine dystopischen Predigten keift.
Das bedeutetet jedoch keineswegs, dass Melodien außen vor bleiben. Auch wenn sich in "Gold" eine kakophonische Decke über sie breitet, sie in "Lungs" ständig kurz vor dem Kollaps in die Dissonanz stehen und bei "Abandon" in einer Grauzone zwischen Post-Hardcore und Black Metal verschwimmen – vorhanden sind sie doch und bieten zusammen mit wohldosierten Groove-Parts Halt. Und der ist bitter nötig angesichts der Wechselhaftigkeit Kavrilas.
Mal pflügen sie Feedback-getrieben durch die Hardcore-Nummer "Demolish", "Golem" dagegen schielt direkt im Anschluss eher gen Sludge. Zog Drummer Militiadis eben noch hektisch das Tempo an, dirigiert er nun mit schwerem Beat. In "Apocalypse" kombiniert er beide Ansätze: Zwischen Drumrolls und Geknüppel schieben sich wuchtige Low-Tempo-Schläge. "Gold" entpuppt sich als zweigeteiltes Noise-Doom-Monster, in "Each (Part Two)" kommen gar ruhige Clean-Arpeggios zum Einsatz. Die sind zwar dank Alex' heiseren Verzweiflungsrufen alles andere als entspannend, bringen aber noch mehr Abwechslung.
Sowohl durch Komposition als auch Sound erarbeiten sich Kavrila trotz aller Sprünge – oder genau deshalb – eine stimmige Identität. "Blight" ist ein Epos aus Dreck und gerade die rohe Produktion entfesselt ungeheuren Druck. In acht Songs machen Kavrila unmissverständlich klar, dass es bei ihnen weder Gnade noch Raum für kunstvolle Schnörkel gibt. Es regieren Chaos, Wahn und Nihilismus.
Harmoniesüchtige sollten einen weiten Bogen um "Blight" machen. Denn diese Platte würde sie definitiv heimsuchen. Wer auf vertonten Hass und kompromisslose Härte steht, wird sich nach dieser nicht mal halbstündigen Erfahrung wohl freudig seinen Albträumen hingeben, wo künftig in Endlosschleife Kavrila durch die Post-Apokalypse wehen.
1 Kommentar
wirklich ziemlich ordentlich. der vergleich mit mantar zieht durchaus, auch wenn diese stilistisch kohärenter sind und tiefer graben.. kavrila sind ne ecke flotter, pendeln zwischen post-hardcore und sludge. würd mir wünschen, dass manche ideen ausgebaut würden ("abandon", "demolish": dieser groove!), sodass die songs in der regel 4-5 min dauern würden. stelle mir vor, laura pleasants von kylesa würde die vocals übernehmen, während alles andere so bliebe.. - hätte ich keine ahnung, ich würds als kylesa's rebirth-EP feiern^^