laut.de-Kritik
Handzahme Bastarde aus Hip Hop, Ragga und Breakbeat.
Review von Daniel StraubAm 26. Juli dieses Jahres zählte Kid 606 stolze 25 Lenze. Nicht gerade viel für einen Produzenten mit der stattlichen Anzahl von acht Alben, zahllosen 12"-Releases und Remixen von Depeche Mode und Peaches auf der Habenseite. Als passendes Geburtstagsgeschenk legt sich der Kid mit "Who Still Kill Sound?" ein elektrisierendes Breakbeat-Geschnetzel, das sich gewaschen hat, auf den Gabentisch. Mit flinker Dancehall-Zunge getoastete und gerappte Lyrics geben Zeit zum Luft holen und nehmen den Tracks mit karibischer Relaxtheit die Spitze.
Bereits aus der Vergangenheit ist der Kid als wild herumfuhrwerkelnder und respektloser Dekonstrukteur musikalischen Gemeingutes bekannt, oder sollte man besser sagen, berüchtigt. Zwar ist er mit seinem auf Mille Plateaux veröffentlichten Album "Ps I Love You" auch schon als feinsinniger Clicks 'n' Cuts-Arrangeur in Erscheinung getreten, auf dem aktuellen Longplayer "Who Still Kill Sound?" vermitteln allenfalls kurze Fragmente wie "Cex Remix I Forgot To Finish" einen Eindruck von des Kids minimalistischer Ader.
Weit besser zur Untermalung des augenzwinkernden Titels taugen da schon die zahlreich anzutreffenden Bastarde aus Hip Hop, Electro, Ragga und Breakbeat. Die geben sich manchmal ganz handzahm. Zum Beispiel, wenn die "Live Acid Jam" wuchtige Big Beats und schnalzenden Electro in einen Topf wirft. Im nächsten Augenblick kann es sein, dass Kid 606 einen mit schwingender Breakbeat-Keule erwartet und Manu Chaos Riesenhit "Bongo Bong" genüsslich zerfleddert, um ihn in einer Dancefloor-Bombe aufgehen zu lassen ("Slammin' Ragga Bootleg Track").
Gerade bei letztgenannten Mischwesen muss den Studiokünsten von Kid 606 nur eine geringe Halbwertszeit attestiert werden. Zu ideenlos wirken die Grooves, so dass die Sättigung nicht lange auf sich warten lässt. Nimmt er den Breaks etwas von ihrer Schärfe, würzt die weiblichen Lyrics dann derb nach ("If I get your credit card, it will make my nippels hard") und reichert den Groove schließlich mit wohligen Electro-Basslines an ("Roll With It"), dann befinden wir uns unter den besten Tracks auf "Who Still Kill Sound?".
Hier ist der Sprung zu Produzenten von der Breaks-Front wie Adam Freeland oder DJ Icey nicht mehr weit. Einziger Unterschied ist der Zielpunkt des Kid. Während Freeland sich an dicken Grooves erfreut, schwört Kid 606 in erster Linie auf dekonstruktive Montagetechniken, deren Sounds sich manchmal zu coolen Arschwacklern zusammenfinden.
Noch keine Kommentare