laut.de-Kritik
Farbenfrohes Asia-Bubblegum vom New Age Altmeister.
Review von Ulf KubankeKitaro hat sich etwas vorgenommen für sein neues Album. Ein Brückenschlag zwischen Fernost und West soll es sein. Eine kulturelle Verlinkung, die beide künstlerischen Seelen miteinander vereint. So opulent und eventuell übertrieben ehrgeizig dieses Unterfangen dem einen oder anderen vorkommen mag. Für Masanori Takahashi – so der bürgerliche Name des Musikers – ist so etwas keine mit verquerer Kunsttheorie ausgestattete Kopfgeburt. Für den Weltenbummler und Wahlamerikaner ist dies schlichtweg eine seit mehr als drei Jahrzehnten gelebte musikalische und soziale Realität.
Diese Mischung aus alltäglich entspannter Selbstverständlichkeit und totaler Ernsthaftigkeit des kulturellen Nebeneinander prägen fast automatisch Leben und Kunst des Japaners. Und eines ist er ganz gewiss nicht: ein süßsauer klebriger Meditationsguru für die Shoppingkanäle dieser Welt!
Kitaro ist seit jeher geprägt von japanischer Klassik und indischer Ritualmusik. Beides verbindet der graduierte Zen-Meister auf dieser Platte mit psychedelischen und krautrockigen Soundscapes. Sicher, seine sehr spezielle Vorliebe für 80er Jahre Synthie Sounds kann in Verbindung mit den teilweise sehr eingängigen Themen schon eine gewisse Überzuckerung hervorrufen. Diesen Umstand gleicht er jedoch in den sehr fernöstlich klassischen Passagen aus.
Wer sich ohne Scheuklappen darauf einlassen mag, darf ein klanglich farbenfrohes Bubblegum genießen. Als erfahrener Soundtrack-Komponist zaubert Kitaro für die zentrale "Aria Di West Lake" lässig ein großartiges, nach Morricone klingendes Grundthema aus dem Hut. Gegen diese hypnotische Melodienschwelgerei kommt man nicht an. An der Grenze zur Brillianz kratzt auch der ebenso kraftvolle wie sensible Gesang der Gast-Chanteuse Jane Zhang. Lässig versetzt die Chinesin im fesselnden Titelsong allerlei europäischen Schmalspur-Operettas in der populären Musik einen gehörigen Tritt. Ganz große Sängerin!
Zahlreiche orchestrale Arrangement kommen und gehen in den nachfolgenden Songs. Geschickt eingestreute Ruhepole in Form japanischer Klangoasen sorgen für die notwendige Rast des Lauschenden. Demgegenüber steht als ruhig aber unaufhaltsam fließender Höhepunkt das bewegende "Reflection Of The Moon". Von melancholisch über zuversichtlich bis hin zu abschließender Harmonie gleitet das Lied durch die Ohrmuscheln.
Am Ende steht die Erkenntnis, dass Kitaro nach zwischenzeitlicher Durststrecke wieder zu alter Form gefunden hat, die ihn bereits in den 70ern zu Recht als Mitbegründer einer qualitativ hochwertigen New Age Musik ausgezeichnet hat. Die akustischen Eindrücke eines westlichen Sees jedenfalls gehören zu den rar gesäten meisterhaften Werken der meditativen Musik.
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