laut.de-Kritik

Eine Scheibe mit einem verdammt langen Bart.

Review von

War ja irgendwie vorhersehbar, dass das verrückte Berliner Rock-Kollektiv Knorkator nicht wirklich aufhört wie 2008 angekündigt. Vor knapp einem Jahr verlautbarte Sänger Stumpen auf seinem Blog, dass man mit dem "Aufhören aufhören" wird. Einige Aufwärm-Konzerte später knallen uns die Hauptstädter auch schon ein neues Album vor den Latz. "Es werde Nicht" ist zumindest kein offensichtlich-großspuriger Comeback-Titel und lässt dem Hörer genug Platz zur Selbstinterpretation.

Musikalisch ist das mittlerweile siebente Album Knorkators erneut zahmer und harmloser als sämtliche bisherigen geraten. Die wilden Metal-Ausritte hat man nach der Wiedervereinigung auf ein Minimum zurückgefahren (nur der eingängige Opener "Du nich", der Industrial-Ritt "Du bist schuld" und das abschließende Aggro-Stück "Sofort" nehmen etwas Fahrt auf), ansonsten konzentrieren sich Stumpen und sein "Partner In Crime" Alf Ator verstärkt auf sanftere Rockklängeoder kitschige Keyboardkleister-Wände. Da ist quasi für jeden was dabei – oder auch nicht. Stumpen, gewohnt zwischen Sprechgesang, Falsettstimme und partiellen Wutausbrüchen pendelnd, macht mit seinem Sprechorgan die doch recht durchschnittliche Instrumentierung zumindest halbwegs wett.

Bei Knorkator wird aber ohnehin viel mehr Wert auf die Texte gelegt und – oha! – die sind doch gar nicht mehr so plump und zwangslustig wie man es bislang gewohnt war. Das Frühstück mit dem vielzitierten Kasper haben sich die Jungs in den letzten Jahren abgewöhnt, bei Songs wie "Warum" oder "Bleib stehn" wollen uns die Berliner anscheinend ihre gewonnene Reife mitteilen. Diese zerstören sie aber mit absoluten Rohrkrepierern wie "Refräng" oder dem stumpfen Scooter-Cover "Faster Harder Scooter". Gewisse Textzeilen sind so fad geraden, dass man zum Lachen in den Keller muss ("Arschgesicht"), andere Witze haben einen längeren Bart als Master-Mastermind Paul Speckmann ("Refräng").

Besagtes "Arschgesicht" und das "Kinderlied" wurden übrigens von Alf Ators Sohn Tim Tom eingesungen. Das mag ja eine prinzipiell nette und familienfreundliche Idee sein, die Umsetzung hingegen ist mehr als dürftig geraten. Unterdurchschnittliche Coverversionen von Chaka Khan ("Ain't Nobody") und den Fantastischen Vier ("Geboren") bestätigen das mulmige Gefühl zu "Es werde Nicht". Das Album hat sich zwar weit vom früheren Kirmesmetal Knorkators entfernt, wird mit seiner eher ruhig-rockigen Ausrichtung aber so manchen Fan zur Fahnenflucht treiben.

Musikalisch und textlich hat's das alles schon mal spritziger, charmanter und fetziger gegeben. Knorkator bleiben eben Geschmackssache, daran ändert sich auch mit "Es werde Nicht" nichts.

Trackliste

  1. 1. Du nich
  2. 2.
  3. 3. Arschgesicht
  4. 4. Du bist schuld
  5. 5. Warum
  6. 6. Refräng
  7. 7. Ain't Nobody
  8. 8. Faster Harder Scooter
  9. 9. Kinderlied
  10. 10. Bleib stehn
  11. 11. Auf dem See
  12. 12. Geboren
  13. 13. Sofort

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Knorkator

Will man bei einer Band wie Knorkator, die ganz wesentlich von ihrem selbst aufgebauten und stets widersprüchlichen Image lebt, einige biografische Daten …

3 Kommentare