laut.de-Kritik

Hornträger, lüftet euren Kilt!

Review von

Die Festivalsaison naht, da kommen Korpiklaani mit ihrem neuen Album gerade recht. Deren neues Material von der Bühne schallen zu hören, macht schließlich noch mehr Spaß, als "Vodka" auf dem Campingplatz zu kippen.

Im gewohnten Humppa-Metalmarsch gehen die Finnen gleich in die Vollen. Das erste, das "Viinamäen Mies" anstimmt, sind kräftige "Hey-hey-hey"-Chöre. Der Uffta-Beat lässt nicht lange auf sich warten. Jeder Trinkhornträger da draußen bekommt die Gelegenheit, seinen Kilt zu lüften.

"Pilli On Pajusta Tehty" grölt statt "Hey-hey-hey" zwar "Oi-oi-oi", schlägt ansonsten aber in dieselbe Kerbe. Was Jonne in seiner Mutterzunge ins Mikro knallt, versteht hierzulande ohne Wörterbuch eh kaum jemand, also los: Ringelreihen, hoch das Horn!

Etwas anders sieht es dann bei "Lempo" aus. In stampfendem Low-Tempo zieht der Gott der Bosheit seine Bahnen. Das sonst so beschwingte Akkordeon schlägt nun melancholische Töne an, die bisweilen an Rammsteins "Reise Reise" erinnern. Im letzten Drittel bekommt Geiger Tuomas Rounakari einen Soloslot zugestanden.

Überhaupt setzt die Violine einige Duftmarken. Das eher ruhige "Minä Näin Vedessä Neidon" veredelt sie ebenso mit einem schönen Alleingang. Auch sonst sorgt sie immer wieder für nette Zwischenspiele. Im Großen und Ganzen mag zwar das Akkordeon präsenter wirken, dafür sorgt das Streichinstrument für pointierten Kontrast, der vor allem in den nicht vollends auf feucht-fröhliche Tanzbarkeit getrimmten Stücken zum Tragen kommt.

In der zweiten "Noita"-Hälfte gewinnen schließlich die Gitarren ein wenig an Dominanz. "Jouni Jouni" stellt zur Abwechslung einmal Riffs statt Reigen in den Vordergrund. Eine schöne Mischung gelingt Korpiklaani in "Ämmänhauta". Behäbig groovend, trotzdem mit gutem Folkloreanteil ausgestattet, geht es schwankend zwischen langsamem Circlepit und Geschunkel hin und her. Ist ja auch schon der neunte Song. Anfängliche Bierseligkeit schlägt sich eben irgendwann auch in schweren Beinen nieder. Gut, wenn auch einmal eine Verschnaufpause in Aussicht steht.

So bleibt das Rauslassen der letzten Kraftreserven nur ein kurzes finales Aufbäumen im Thrash-Gewand, ehe "Sen Verran Minäkin Noita" im zweiten Teil zwei Gänge runterschaltet und sich niederlegt, um den Rausch auszuschlafen.

Dass Korpiklaani auf "Noita" das Rad nicht neu erfinden, sondern eben das machen, was sie am besten können, sollte jedem klar sein. Ihre eigene Nische haben sie mittlerweile ja etabliert. Dort findet "Noita" hervorragend Platz. Die Scheibe macht Spaß, ist unterhaltsam, und die dem Rahmen angemessene Abwechslung kommt nicht zu kurz. Geschmackssache bleibt das Pagangedudel natürlich weiterhin. Wenn man weiß, worauf man sich einlässt, wird man allerdings ganz bestimmt nicht enttäuscht. Dann ist mit "Noita" gute Laune vorprogrammiert. Kippis!

Trackliste

  1. 1. Viinamäen Mies
  2. 2. Pilli On Pajusta Tehty
  3. 3. Lempo
  4. 4. Sahti
  5. 5. Luontoni
  6. 6. Minä Näin Vedessä Neidon
  7. 7. Jouni Jouni
  8. 8. Kylästä Keväinen Kehto
  9. 9. Ämmänhauta
  10. 10. Sen Verran Minäkin Noita

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