laut.de-Kritik
Berstender Dark-Ambient für Hörer, denen Bohren zu plüschig ist.
Review von Sven KabelitzDie schweizerisch-US-amerikanische Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross definierte 1969 in ihrem Buch "Interviews mit Sterbenden" die fünf Phasen des Sterbens: "Denial" (Nicht wahrhaben wollen und Isolierung), "Anger" (Zorn), "Bargaining" (Verhandeln), "Depression" und schließlich "Acceptance" (Akzeptanz). Fünf Phasen, die nicht selten auch die Angehörigen und der Freundeskreis in ihrer Trauer durchleben.
Durch den Verlust mehrerer enger Freunde innerhalb eines Jahres bekam Pepijn Caudron aka Kreng die einzelnen Stadien am eigenen Leib zu spüren. Aus großem Leid folgt nun große Schaffenskraft. Seinen Schmerz fesselt und fixiert er in seinem dritten Werk und ergänzt die Seelenpein um den Abschnitt "The Summoning".
Caudron stürzt uns in tiefste Finsternis. Bei seiner Vermessung des Todes erschafft er den Soundtrack zu einem Horrorfilm, den sich niemand zu drehen traut. Aus seinem Elend erwächst berstender Dark-Ambient für Menschen, denen Bohren Und Der Club Of Gore schon immer zu plüschig und anbiedernd war.
Erstmals besteht ein Kreng-Album nicht ausschließlich aus Samples. Divergente Klassik und Doom-Metal kollidieren. Sukzessive lockert "The Summoner" den Strick um unseren Hals, bis er sich, wenn man gar nicht mehr daran denkt, wieder ruckhaft zusammen zerrt. "Denial" pirscht sich langsam an den Hörer heran, wiegt ihn trügerisch in Sicherheit. Grantelnde Bässe durchspannen das Stück, unbestimmte Geräusche unterwandern die Aufnahme, bevor zwölf Streicher die Atmosphäre zerbrechen und die achte biblische Plage herauf beschwören.
Caudron setzt eine unerbittliche Abwärtsspirale in Gang. In "Anger" folgt auf die anfängliche Zurückhaltung eine blindwütige Eruption, die sogleich in Reue umschlägt. Nur um sich im nächsten Moment im Neid auf die Lebenden, die Hand in Hand durch ihren pastellfarbenen Luxusurlaub hopsen, zu zerfleischen. Bis schließlich die "Depression" einsetzt. Die harte Landung in der dunkelsten Nacht dokumentiert Kreng in Zeitlupe mit zermahlenden Schlägen und sich hinschleppenden Keyboardflächen.
Das kohlrabenschwarze "The Summoning" erhebt sich über fünfzehn Minuten in schwerfälligen Wellen. Zurückhaltend bestimmt eine eisige Orgel und ein hinkender Basslauf das Bild, bevor die Belgier von Amenra den Track mehr und mehr an sich reißen und ihn nachhaltig verwüsten. Eine martervolle Kakophonie, die mit niederdrückenden Gitarrenwänden, einem dahinsiechendem Schlagzeug, bedrängendes Fispeln und qualerfüllten Schreien einher geht. Letztendlich setzt die Akzeptanz ein. Der letzte Kampf ist gefochten. Stille.
Immer wieder wechselt "The Summoner" zwischen den Extremen. Als würde es nur disharmonischen Lärm und die Ruhe am Rande des Nichts geben. Eine Karambolage der im Flüsterton tuschelnden Gedanken und überbordenden Emotionen. Bis alles zerbricht, erstickt, verendet. Niemand stirbt in Würde. "Der Tod ist eine schmutzige Brigade, die mit so etwas wie Seele, weiß Gott nichts anfangen kann. Sie lieber vergewaltigt." (Peter Rudl)
2 Kommentare
Das macht sehr neugierig. Ich bin gespannt...
Kuerzlich hatte ich eine intensive '(Super) Street Fighter II'-Nacht mit einem arischen homie: stundenlang Ryu gegen Guile, soundtrack: Deutsch Nepal, Haus Arafna, NON, Isolrubin BK und aehnliches. Das kommt ja alles aus derselben Ursuppe, ungefaehr jetzt. Unnoetig zu erwaehnen, dass ich gegen jemanden, der das alles auf Nerdturnieren spielt, nur ein einziges Mal gewinnen konnte.
Das hier ist mir zu soft und nicht genug Nazisymbolik. Ich muss mir bei solcher Musik vorstellen koennen, in lichtlosen Kellerraeumen mit Torque kalte Psychodrogen zu konsumieren, kleinen Maedchen (und Jungen) Hakenkreuze in die Haut zu ritzen und diverse laut.BAR-Mitglieder zu foltern. Erst dann ballert es manierlich. Alles andere kann ja auch auf Kreuzfahrtschiffen laufen.
Sven, kannst du mal einen Meili fuer Univers Zero machen?