laut.de-Kritik
In den nostalgischen Momenten strahlt die Platte am hellsten.
Review von Toni HennigBei Lacuna Coil hat sich personell etwas getan. So steht seit letztem Jahr Daniele Salomone als Zweitgitarrist auf der Bühne, nachdem Diego Cavallotti die Italiener verlassen hatte. Mittlerweile gehört er auch fest zur Band. "Sleepless Empire", das nun erscheint, spielte die Formation aber ohne Salomone und mit Marco Coti Zelati als alleinigen Gitarristen ein.
Thematisch kreist die Platte um die Schnelllebigkeit im digitalen Zeitalter, die uns nicht schlafen lässt, die Vor- und Nachteile moderner Technik, um Verzweiflung, aber auch um Hoffnung und darum, in einer sich zunehmend in den sozialen Medien abspielenden Welt innezuhalten und sich auf das eigentliche Leben zu konzentrieren. Musikalisch knüpft das Werk an den Vorgänger "Black Anima" an, hält aber eine Menge Nostalgie bereit. Leider tendieren Lacuna Coil immer noch zur Überkomprimierung und zum Loudness War, was es ein wenig schwer macht, das Album am Stück zu genießen.
"The Siege" pendelt zwischen wütenden Shouts Andrea Ferros und melancholischen Gesangslinien Cristina Scabbias hin und her und legt schon mal die Fährte für den restlichen Verlauf. "Oxygen" und "Scarecrow" legen mit harten Einflüssen, die leicht Richtung Industrial ausschlagen, los, verfallen aber schnell ins altgewohnte Schema zwischen hart und zart. Zumindest hat der erstgenannte Track eine ansprechende Hook zu bieten.
Etwas mehr in Richtung Nachdenklichkeit schlägt das Pendel in "Gravity" aus, aber auch hier orientiert sich die Band, wie in fast allen Stücken, zu sehr am 'Beauty & The Beast'-Schema. Im Grunde verdient es schon einen "Guinness World Records"-Eintrag, so oft wie die Italiener von diesem gesanglichen Schema Gebrauch machen.
Da stellt "I Wish You Were Dead" als melodisches, ganz der Alternative-Klangästhetik der frühen 00er-Jahre geschuldetes Stück durchaus eine Wohltat für die Ohren dar, schweigen die Shouts Ferros ausnahmsweise mal. Auf jeden Fall bewirbt sich die Nummer für eine zukünftige Best Of. "Hosting The Shadow" bietet dann wieder, trotz eines Gastauftrittes von Lamb Of Gods Randy Blythe, bewährte Langeweile, pendelnd zwischen Dunkelheit und Licht. Glücklicherweise öffnet sich die Platte musikalisch in der zweiten Hälfte ein wenig.
"In Nomine Patris" schreitet in getragener, eleganter "Heaven's A Lie"-Manier nach vorne und dürfte somit für Freunde früherer Alben wieder mal ein Fest sein, besitzt aber auch leicht weltmusikalische Einflüsse. Außerdem wartet der Song mit einem schönen Gitarrensolo gegen Ende auf. Mehr Heavyness und Schwere offenbart das Titelstück.
"Sleep Paralysis" verfügt über packende, teils etwas schmerzhaft klingende Gesangsmomente Cristinas und auch die düsteren Shouts fügen sich nahtlos in den Track ein, wohingegen "In The Mean Time" mit Ash Costello von New Years Day vergleichsweise blass daherkommt. "Never Dawn", das wieder einmal mit Weltmusik-Einflüssen aufwartet, überzeugt schließlich als cineastischer Rausschmeißer mit ordentlichem Djent-Einschlag in den Riffs auf ganzer Linie.
Bleibt also, wie auch schon bei der Neueinspielung von "Comalies" vor rund drei Jahren, die den Namen "Comalies XX" trägt, festzuhalten, dass härter nicht immer gleich besser heißt. Gerade in den nostalgischen Momenten funkelt die Platte am hellsten. Die wieder etwas melodischere Herangehensweise stellt auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung dar. In der Hinsicht hat die verkorkste "Comalies"-Neueinspielung doch noch etwas gebracht. Letzten Endes gehört "Sleepless Empire" zu den etwas besseren Veröffentlichungen der Band, obwohl es neben viel Licht noch viel Schatten gibt.
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