laut.de-Kritik

Jetzt steht Lena nur noch eines im Weg: Stefan Raab.

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Gleich mal vorweg: Ich bin Lena-Sympathisant. Ich habe die zwei ESC-Ausscheidungsshows gesehen, wenn auch aus redaktioneller Nötigung, aber wahrscheinlich hätte ich sie eh nebenher laufen lassen, weil es mich schon interessiert, womit Lenas Team gedenkt, demnächst 10.000er Hallen zu füllen.

Egal wie man nun zum Konzept der Sendungen und zur Idee des Wiederantritts der Vorjahressiegerin steht: Wenn Lena wirklich Bock drauf hat, das noch mal durchzuziehen, sollte man ihr das zugestehen. Ihre Titelverteidigung und ihr zweites Album sind dennoch getrennt voneinander zu betrachten und zu beurteilen.

"My Cassette Player" war ein in Akkordarbeit zusammen geschustertes Flickwerk, das der geifernden Menge pflichtschuldig in den Rachen geworfen wurde. Mission erfüllt. Weiter im Text.

Für "Good News" standen die Vorzeichen anders: Plötzlich standen rund 500 Stücke von Songwritern aus aller Welt zur Auswahl und man hatte deutlich mehr Zeit für den Feinschliff. Da sollte die Platte doch wohl ein Knaller werden. Lena pickt ihre Favoriten, 12 aus 500, ein Best of Lena quasi.

Wer solches denkt, hat die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Und der heißt seit dem "Wunder von Oslo" Stefan Raab und dürfte in naher Zukunft so schwer aus Lenas Produzentenstuhl wegzubewegen sein wie weiland Ralph Siegel bei Nicole.

Ecken und Kanten, also Attribute, die Lena als Interpretin überhaupt erst ins Zentrum der Aufmerksamkeit gebracht haben, sucht man im Sounddesign dieser erneut betulichen Nummer-Sicher-Produktion vergebens.

Wieder fragt man sich: Würde das alles anders klingen, wenn es nur nach Lena ginge? Wenn sie nicht vertraglich an Raab, die Heavytones und diesen ganzen Brainpool-Club gebunden wäre? Wenn sie einfach mal so machen könnte wie die Adeles und Erykah Badus, die sie so liebt?

Keine Ahnung. Aber schade ist es schon, wenn eigentlich schöne Kompositionen wie die Midtempo-Popsongs "Good News" oder "A Million And One" zwar gefallen, aufgrund der handzahmen Umsetzung aber nicht richtig mitreißen.

Selbst eine für Lena überraschende Soul-Nummer wie "Mama Told Me" klingt hier nicht roh und verschwitzt, sondern groovt so porentief rein wie das Image eines DSDS-Siegers. Das Gebilde Lena/Raab mag im TV-Format das Gegenteil von Bohlen/DSDS sein, auf Albumlänge regiert hier wie da - und es fällt schwer, das so zu schreiben - ehrliche deutsche Hausmannskost.

Dass es auch anders geht, belegt das reduziert funkelnde Elektronik-Popstück "Taken By A Stranger", das eine spannende neue Facette aus Lena herauskitzelt. Die gefühlvoll arrangierte Ballade "Push Forward" gewinnt auch mit jedem neuen Hören, was vielleicht keine ideale Voraussetzung für einen ESC-Beitrag ist, sehr wohl aber für einen guten Albumtrack.

Die Hinzunahme neuer Songwriter tut der Platte jedenfalls spürbar gut. Auch ein Song wie "Maybe", zusammen mit "Push Forward" aus der Feder des Berliner Songwriterpaars Daniel Schaub und Pär Lammers, wäre auf Lenas Debüt undenkbar gewesen. Wenngleich man hier mehr hätte rausholen können: Im Refrain wartet man ständig auf den finalen Kick. Das gilt seltsamerweise auch für den Aloe Blacc-Song "At All", der trotz 60s-Atmo in altbekanntem Kassettenrekorder-Phlegma dahinplätschert.

Aber vielleicht sind das alles Nuancen, Erbsenzählereien verwöhnter Musikredakteure. Den hohen Erwartungen nach dem Kassenschlager-Debüt dürfte "Good News" locker standhalten. Und in die Top 5 in Düsseldorf kommt Lena (mit "Taken By A Stranger") sicher auch. Danach produziert sie Mark Ronson und alles wird gut. Oder so.

Trackliste

  1. 1. Good News
  2. 2. What Happened To Me
  3. 3. A Million And One
  4. 4. Maybe
  5. 5. I Like You
  6. 6. Mama Told Me
  7. 7. Push Forward
  8. 8. A Good Day
  9. 9. Taken By A Stranger
  10. 10. Teenage Girls
  11. 11. That Again
  12. 12. At All

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