laut.de-Kritik

Ein meisterlicher Monster-Streich.

Review von

Es liegt nun auch schon zehn Jahre zurück, dass der unsägliche Eurovision Song Contest, kurz ESC genannt, ausnahmsweise mal wieder einen halbwegs amüsanten, musikalisch erträglichen Gewinner vorwiesen konnte. Mit ihrer trashig-krachenden Hymne "Hard Rock Hallelujah" und ihren bizarren Monsterkostümen legten Lordi den Grundstein für eine beachtliche Karriere und hielten (beziehungsweise halten) sich sehr viel länger im Geschäft, als man dieser vermutlichen Eintagsfliege zunächst zubilligen wollte.

In den letzten Jahren brachten die Monsterrocker aus der hintersten Ecke Finnlands eine ganz erkleckliche Anzahl guter und weniger guter Alben heraus, mal eher hardrockig-gefällig, mal mehr krachig-sperrig. Das Wichtigste für Lordi-Fans ist aber seit jeher der stetig wechselnde Aufzug der Pappkameraden, der mit jeder frischen (Schlacht-)Platte neu für alle Figuren dieses musikalischen Gruselkabinetts definiert wird. Genau so spannend ist immer, welche verqueren Titel sich Lordi-Boss Mr. Lordi jeweils für das aktuellen Album und die darauf enthaltenen Titel einfallen lässt.

Im Interview hat er schon bekannt, dass dies immer eine der anspruchsvollsten Aufgaben für ihn ist, aber mit der Überschrift "Monstereophonic-Theaterror Vs. Demonarchy" und Song-Namen wie "Hug You Hardcore", "Down With The Devil" oder "Heaven Sent Hell To Earth" hat er sich doch wieder ein paar nette, passende Wortspielereien ausgedacht. Braver Zombie!

Musikalisch sind die freundlichen Untoten von all zu harter und schwer verdaulicher Kost, wie sie etwa auf dem genial betitelten "To Beast Or Not To Beast" von 2013 zu finden war, wieder abgekommen und pflegen auf der neuen Langrille zu einem guten Teil gefälligen Hardrock und eingängige Gesangsmelodien.

Grundsätzlich aber ist das Opus in zwei ziemlich unterschiedliche angelegte Hälften aufgeteilt, die durch ein knapp anderthalbminütiges Zwischenspiel getrennt werden. Während Teil eins der Scheibe den schon erwähnten Kriterien voll entspricht und sechs Stücke umfasst, kann die zweite Hälfte zu Recht als progressiv-metallisch bezeichnet werden. Schon einige Zeilen vor dem Ende dieser Rezension darf man somit behaupten, dass "Monstereophonic-Theaterror Vs. Demonarchy" wohl das Vielfältigste und Ehrgeizigste darstellt, das Lordi bisher auf die verängstigte Menschheit losgelassen haben.

Fangen wir von vorne an. Eine stilechte Eröffnung in Form einer erregt schnaufenden Drohung auf einem Anrufbeantworter geht den den ersten Song über, der mit seiner ausführlichsten Benennung auch einen Herrn Jim Steinman mit seiner Neigung zu Titel-Bandwürmern vor Neid erblassen lassen würde. "Let's Go Slaughter He-Man (I Wanna Be The Beast-Man In The Masters Of The Universe)" beeindruckt aber auch musikalisch als schwungvoller Rocker in bester Kiss-Manier, kombiniert mit ausführlichen hymnischen Chorussen à la Meat Loaf. Den hatten wir ja erst kürzlich. Lordi machen das aber, Stand 2016, wesentlich besser.

Das folgende "Hug You Hardcore" ist wesentlich härter und erinnert mit seinem schrägen Gitarrenriff und seinem stampfenden Rhythmus an Songs von Alice Cooper, speziell auf dessen monströsem Weltuntergangs-Werk "Brutal Planet". Beeindruckend. Die folgenden vier Stücke mäßigen sich dann wieder, lassen viel Raum für melodische Refrains und schöne Gitarrenlinien und bringen auch mal gewinnbringend Keyboards zum Einsatz. Mit ein wenig Fantasie erkennt man ab und zu sogar Einflüsse solch prägender Bands wie Blue Öyster Cult in ihrer Achtziger-Phase. Nehmen wir etwa das eindringliche "Mary Is Dead" oder das hoch melodiöse und gitarrenselige "None For One" als Beleg.

Mit der athmosphärischen Keyboard-Überleitung "Opening Scene" geht es dann in Runde zwei. Und die hat es in sich! Schon das hart riffende "Demonarchy" zieht die Folterschrauben mächtig an. Die folgenden Stücke legen in der Länge, in der Härte, in der Komplexität und in der Theatralik mächtig zu. Fast meint man, eine andere Band vor sich zu haben, aber die ausdrucksstarke, wenn auch etwas krächzige Stimme von Mr. Lordi und die starken Refrains halten einen auf dem richtigen Pfad. Ob bei "The Unholy Gathering", "Heaven Sent Hell To Earth"oder "Break Of Dawn", man wird von der hier gebotenen Gitarrenpower, der Dynamik, den vielen Breaks und dem düsteren Theaterdonner, der darüber liegt, geradezu überwältigt.

Das Paradestück ist die sechseinhalbminütige Horror-Oper "And The Zombie Says". Eine regelrechte Tour De Force im metallischen Gewand! Das getragene, durchgeknallte und fintenreiche Schlussstück "The Night the Monsters Died" ist dann das passende Ende für diesen wunderbaren Alptraum, der in seiner Machart immer wieder an den Großvater aller Bühnen-Dämonen namens Alice Cooper gemahnt.

Opa Furnier kann sehr stolz auf seine unartigen Enkel sein. Aus einer vermeintlichen Klaumauk-Truppe ist spätestens jetzt ein veritables Rock-Monster geworden. Klare Kaufempfehlung für diesen akustischen Satansbraten, der mit Fug und Recht als das Meisterstück der finnischen Schreckgespenster bezeichnet werden kann.

Trackliste

  1. 1. SCG8: One Message Waiting
  2. 2. Let's Go Slaughter He-Man (I Wanna Be The Beast-Man In The Masters Of The Universe)
  3. 3. Hug You Hardcore
  4. 4. Down With The Devil
  5. 5. Mary Is Dead
  6. 6. Sick Flick
  7. 7. None For One
  8. 8. SCG VIII: Opening Scene
  9. 9. Demonarchy
  10. 10. The Unholy Gathering
  11. 11. Heaven Sent Hell On Earth
  12. 12. And The Zombie Says
  13. 13. Break Of Dawn
  14. 14. The Night The Monsters Died

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