laut.de-Kritik
Neunmal die gleiche Nummer? Sicher nicht!
Review von Martina KellnerLove Is All lautet der herzerweichende, zuckersüß charmante Name des schwedischen Fünfer-Gespanns um Frontfrau Josephine Olausson. Ja, ja, die Liebe ... – von jeher zentrales musikalisches Thema. Dass eine derart betitelte Band L'Amour zum Thema ihres Debütalbums ernennt, verwundert also nicht. Doch Achtung! Weit gefehlt, wer jetzt an schmusig softe Liebesballaden a la "I Will Always Love You" oder "My Heart Will Go On" denkt. Wenn Frau Olausson über Herzensangelegenheiten singt, dann hört sich das eher unkonventionell an: Auf "Nine Times That Same Song" schrammelt und schraddelt es, was das Zeug hält.
Zwischen Punkrock, New Wave und Indie bestechen Love Is All vor allem mit ihren schrägen Texten, zackigen Rhythmen und die rotzig-markante Stimme ihrer Sängerin. Die Debütsongs zeichnen sich nicht nur durch treibenden Takt, Dynamik und Tanzbarkeit aus, sondern auch durch humorvolle, oft sarkastische Vocals. In "Ageing Had Never Been His Friend" singt Josephine Olausson, dass sie ihren Liebsten in die Kühltruhe zu stecken pflegt, damit er auch frisch und jung bleibt ("I keep the one I love in the freezer…The one that I love – fresh and young").
Das Problem mit dem Älterwerden dürfte damit geklärt sein! In "Used Goods" mutiert sie zur Stalkerin, die ihrem Angebeteten etwas zu sehr auf die Pelle rückt, ihn auf Schritt und Tritt verfolgt und so "delikate Details" enthüllt ("I know where he buys his groceries and I know we like the same kind of cheese"). Auch "Make Out Fall Out Make Up" widmet sich dem Thema Liebe, genauer, dem Kennen lernen und erzählt von durchzechten Nächten mit zu viel Zigaretten und Alkohol, Fummeln und Rumgeknutsche – dabei weiß doch jeder, dass das mit der große Liebe so nichts wird!
"Busy Doing Nothing", ein stark Saxophon-dominierter Song, trägt die Ironie bereits im Titel. Bei solch einem harten Tagesplan ("Five movie marathons/Nine times that same song/Ten hours in the bed/Four hours on the phone/One Hour in the shower") kann man schon mal in Zeitnot geraten. Manchmal hat man den Eindruck, Saxophonist Fredrik Eriksson pfeift auf dem letzten Loch, vor allem, wenn das Blasinstrument wie hier auch mal quietschig schief klingt. Eriksson bläst im Dauereinsatz und ein bisschen Geknarze tut dem Love Is All-Sound ja auch gar nicht schlecht, verleiht ihm vielmehr sogar einen gewissen Lo-Fi-Charme und harmoniert fantastisch mit dem Gesang der Frontfrau.
Überhaupt nehmen sich die fünf Schweden scheinbar gern selbst auf die Schippe und betiteln das Debüt "Nine Times That Same Song", obwohl man doch zehn Tracks auf dem Album findet und gleich klingen diese schon gar nicht! Bereits der Opener "Talk Talk Talk Talk" erfreut mit Groove und Dynamik. Gitarre und Bass treten zurück, Keyboard und vor allem Saxophon stehen im Mittelpunkt dieses chaotischen New Wave-Tracks, der Erinnerung an die Punk-70er wach werden lässt. Die Stimme von Sängerin Josephine erinnert an Yeah Yeah Yeahs Karen O, klingt mal kratzig-gäckig ("Spinning & Scratching") mal melancholisch sanft und verhalten ("Turn The TV Off").
Ab und an gönnen Love Is All dem Zuhörerohr eine Verschnaufpause vom Parforceritt durch Gitarrengeschrammel und rasante Schlagzeugbeats und legen das Augenmerk auf ruhige Bassakkorde, liebliche Xylophonklänge und melodischen Hintergrundchor, so geschehen in "Turn The Radio Off" oder "Felt Tip". Gesangliche Unterstützung erhält die Frontfrau hierbei von Gitarrist Nicholaus Sparding. Auch "Turn The TV Off" reiht sich hier ein – Gitarre und Schlagzeug klingen ebenso zurückhaltend ruhig wie der schwermütig, traurige Gesang der Schwedin ("I'm wasting my live just watching the TV. No matter what they say, I just can’t agree.").
Der letzte Track, "Trying Too Hard", beschließt das Album dann genauso zackig flott wie es der Opener eingeleitet hat und rundet die Platte damit ab – im Mittelpunkt stehen hier eindeutig die Rock'n'Roll-Gitarrenmoves. Mein Fazit: "Nine Times That Same Song" rockt ordentlich! Schmissiger Sound, dudelndes Saxophon, sowie hitziger, durchdringender Frauengesang lassen Erinnerungen an die legendären 70er Jahre-Punker X-Ray Spex wach werden und auch die New-Wave-Band Bow Wow Wow zählt sicher zu den musikalischen Paten der Schweden-Kombo. Gesangliche Parallelen zu den Launderettes oder Be Your Own Pet sind ebenso wenig von der Hand zu weisen, wie soundtechnische Vergleiche mit The Rapture, Gang of Four oder den Zutons.
Ja, ja, die Liebe ... - das ist schon eine komische Sache! Hin und wieder nimmt sie auch etwas merkwürdige Ausdrucksformen an: Bei Love Is All in der Art krachiger Schrammel-Rock-Songs. Erste Anflüge von Verliebtheit äußern sich im Übrigen in Kopfschüttel- und Beinzappel-Attacken, aber keine Sorge, die Göteborger brechen Euch nicht das Herz! "Nine Times That Same Song" bietet 31 Minuten feinsten Skandinaviensound Marke "schmissiger Schweden-Rock" und ist damit allemal eine kleine Liaison wert!