laut.de-Kritik

Gespenstisch guter Grenzgänger zwischen Shoegaze, Pop und Punk.

Review von

Vor fast genau 33 Jahren erschienen, strahlt dieses Debüt auch heute noch so viel Glanz und Helligkeit aus, dass man gar nicht begreifen kann, warum das Album nicht zu den ganz großen Klassikern des Shoegaze-Genres zählt: "Spooky" von Lush ist ein schimmerndes Meisterwerk, getragen von komplexen Sound gewebt aus Hall, Reverb und dem kongenialen wie komplementäre Zusammenspiel der Sängerinnen und Gitarristinnen Miki Berenyi und Emma Anderson.

Für einen kurzen Moment der Musikgeschichte waren Lush das Idealbild eines Underground-Acts. Gerade mal 14 Jahre jung sind die Freundinnen Miki und Emma, als sie die Band gründen und auch schon an einem eigenen Fanzine arbeiten. Selbstbewusst rekrutieren sie den Bassisten Steve Rippon und den Schlagzeuger Chris Acland. Doch Anderson und Berenyi schreiben alle Songs, meist einzeln, manchmal aber auch gemeinsam und sie haben eine breite musikalische Einflussliste, zu der Acts wie ABBA, Shangri-La's oder Siouxsie Sioux gehören – Punk und Pop umarmen sich, Rock und Underground spielen zusammen.

Lush spielt bald als Support für My Bloody Valentine oder The Pastels und wehren sich dabei stets gegen abfällige Bemerkungen von "blokes in bands". Dies und mehr erfährt man in Miki Berenyis Memoiren mit dem brillanten Titel "Fingers Crossed: How Music Saved Me From Success" von 2022.

Auch die Musik von Lush ist ausnahmslos anders und passt perfekt auf das 4AD-Label, das sich zu der Zeit dem Dreampop und Shoegaze widmet mit seinen arty Artists wie Throwing Muses, Dead Can Dance oder Cocteau Twins, deren Gründer Robin Guthrie einige Songs mit Lush aufnahm. Auch bei "Spooky" steht er in den Credits und wird als Produzent verantwortlich für die ätherische Atmosphäre des Albums gemacht, wobei Berenyi in ihrem Buch klarstellt, dass er oft nicht einmal im Studio war und sich anderen dunstigen Dingen hingab.

Die eigentümliche Ausstrahlung des Albums ist größtenteils von Berenyis hoher Stimme und Andersons harmonischem Spiel geprägt. Und doch: Die Songs auf "Spooky" sind nicht verträumt und verhuscht, oft donnert der Bass über einen hinweg, es entfalten sich catchy Pop-Melodien, die sie unter all den Schichten von Reverb und Flange einschmuggeln. Dabei ist die punky DYI-DNA der Band immer präsent, und die Hooks dazu sind stürmisch und schräg bis hin zu geradezu jazzigen Einschüben.

Lush standen mit dieser Einzigartigkeit immer im Schatten von zeitgenössischen Acts, aber sie beeinflussen bis dato viele junge, vor allem female fronted Bands wie Asobi Seksu, Pinkshinyultrablast oder Blushing (who put the Lush in Blushing?). Es sollte dann mit "Split" ein zweites geniales Album folgen, das 1994 allerdings wie Blei in den Regalen liegt, denn Britpop dominiert zu der Zeit alles.

Mit "Lovelife" erscheint 1996 ein letztes Werk, bereits ebenfalls infiziert vom Britpop-Hype mit durchaus clever catchigen Songs, die gesplittet sind in die poppige und noisige Seite der Gruppe. Und dennoch: Über 30 Jahre später zeigt sich, dass "Spooky" in seiner Zwischenwelt aus Punk und Pop gespenstisch gut war und bleibt – und so sind drei Alben genug, um Lush als eine der prägendsten Bands des Shoegaze zu definieren.

In der Rubrik "Meilensteine" stellen wir Albumklassiker vor, die die Musikgeschichte oder zumindest unser Leben nachhaltig verändert haben. Unabhängig von Genre-Zuordnungen soll es sich um Platten handeln, die jeder Musikfan gehört haben muss.

Trackliste

  1. 1. Stray
  2. 2. Nothing Natural
  3. 3. Tiny Smiles
  4. 4. Covert
  5. 5. Ocean
  6. 6. For Love
  7. 7. Superblast!
  8. 8. Untogether
  9. 9. Fantasy
  10. 10. Take
  11. 11. Laura
  12. 12. Monochrome

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