laut.de-Kritik
Sonnenuntergangsblues und Mut zu erdigem Rock'n'Roll.
Review von Tobias FörsterVon ihrer "Nightly Disease" haben sich bereits etwa 250.000 Menschen infizieren lassen, ihre Clubkonzerte in Deutschland sind dank regelmäßiger Live-Präsenz gut besucht, auf Festivals sind sie gern gebuchte Gäste. Keine Frage, 2001 war für Madrugada auch außerhalb ihrer Heimat Norwegen ein erfolgreiches Jahr. 2002 stehen sie nun vor der Herausforderung, einen würdigen Nachfolger für das erwähnte Album zu präsentieren. Das Ergebnis: "Grit".
Der Titel bringt es auf den Punkt, denn mit ihrem neuesten Longplayer beweisen Madrugada mehr Mut zu erdigem Rock'n'Roll als je zuvor. Das bedeutet freilich nicht, dass sie neuerdings die Hand zwischen die Beine klemmen, doch die Elegie vergangener Tage wurde merklich zurück geschraubt.
Hält sich der Opener "Bloodshot" mit seiner monotonen Instrumentierung noch relativ bedeckt, kracht das darauffolgende "I'm Ready" in seinen knapp drei Minuten derart aus den Boxen, dass es einem schier die Sprache verschlägt. Bei "Billy Pilgrim" sieht man förmlich Wüstensand aus den Gitarren rieseln, während Songs wie "7 Seconds" oder "Try Try Try" alte Helden wie die Stooges zum Tanzen bringen würde.
Die Bluesgitarre haben Madrugada dennoch nicht für immer in den Mottenschrank verbannt. Und das ist auch gut so. Denn so sehr ihre rockigen Ausflüge zu gefallen wissen, ihre Paradedisziplin ist und bleibt der düstere, schwermütige Sonnenuntergangsblues, in dem sich das warme Organ von Frontmann Sivert Høyem noch besser ausbreiten kann.
Und davon hat "Grit" ebenfalls einige in petto. Der fantastische "Song Of Majesty" hätte mit seinem dezenten Streichereinsatz sogar Sonnenkönig Ludwig den Vierzehnten in die Dunkelheit verführt. Beim trügerisch ruhigen "Get Back In Line" brodelt es merklich unter der Oberfläche, während "I Don't Fit" ein Paradebeispiel für die Klangfarbe eines tiefen Dunkelblaus darstellt. Typisch Madrugada eben.
Wenn das dritte Album wirklich wegweisend für die Zukunft ist, haben Madrugada mit "Grit" alles richtig gemacht. Freunde der Nacht dürfen jedenfalls bedenkenlos zugreifen.
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