laut.de-Kritik
Nostalgische Strandparty für College-Abbrecher.
Review von Rinko HeidrichIndie, Alternative Rock oder College Rock. Alles Labels, die mal wirklich für eine Abgrenzung zum Mainstream standen. Künstler, die noch über den zauseligen Plattenbesitzer promotet wurden und durch Mundpropaganda immer mehr Zuschauer zu ihren Konzerten bekamen. Da beide Dinge momentan eher wenig stattfinden dürfen, sollten Major Murphy aus Michigan wirklich froh über ihre Mentorin, Waxahatchee-Sängerin Katie Crutchfield sein. Die bekommt sich über die Newcomer kaum noch ein und lobt überall die Einstellung dieser Band, die nicht gierig auf Spotify-Clicks schaut und weiter an das homogene Konzept des Album-Formats glaubt.
Dieser fast altmodisch anmutende Gedanke wirkt so Vintage wie eine zerkratzte Hüsker Dü-Platte. Ungefähr in diesen Zeitraum der aufstrebenden Grunge-Szene und des noch unschuldigen Underground-Rock möchte man diese Band beamen und ihr mehr Glück als in unseren Hit-orientierten Zeiten wünschen.
So verträumt und schwelgerisch wie ein Song der Lemonheads laufen die Gitarren unaufdringlich nebenher, ganz ohne Verbitterung und Wut. Alles ist super okay in diesen Harmonien, die wie ein Flanell-Hemd am Körper liegen und gemütlich altmodisch wie zerlatschte Chucks wirken. Die perfekte Strandparty-Musik für College-Abbrecher, die Seattle doch zu düster finden und mit dem Van von den Eltern an den Pazifik fahren.
Auch wenn der Streaming-Katalog heute praktisch die Gebrauchsanweisung zum Nachmachen frei Haus liefert, muss man anerkennen, wie absolut authentisch Major Murphy an den Zeitgeist nicht nur der 90er heran kommen. Auch die 70er passen in "Unfazed" so absolut angegossen wie ein senffarbener Rolli. Percussion, California Soul und ein langes Rock-Solo machen die Illusion einer verkifften Strandhaus-Party am Meer perfekt.
Auch "In The Meantime" geht den behäbigen Weg weiter, trotz seiner Yacht Rock-Lazyniness überzeugt dieser catchy Song mit einer hübschen Melodie. Überhaupt möchte man allen Songs durch die langen Surfer-Wuschelhaare fahren und beim unschuldigen Hundewelpenblick einen Platz im Plattenregal anbieten. Man muss schon ein ziemlicher Misanthrop sein, um diese sympathische Band so richtig scheiße zu finden.
Ein großes Fest für Retro-Rock-Fans und grundentspannte Altruisten eben, aber nicht unbedingt ein großer Sprung für Indie-Musik im Allgemeinen. "Access" bietet jungen Menschen Zugang zu einer Zeit, die längst vergangen ist. Major Murphy fahren viele Pluspunkte für die gefällige Slacker-Attitüde ein, aber bleiben doch nur als kurze Affäre bis zum nächsten Dinosaur Jr.-Album im Ohr hängen.
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