laut.de-Kritik
Diese Hamburger Band hat mit den Smiths wenig gemein ...
Review von Philipp SchiedelSmiths-Fans aufgepasst! Keine Angst, Johnny Marr hat euch mit "Boomslang" schon genug gequält. Diese Hamburger Band hat selbst mit viel Phantasie und Schmalz in den Ohren mit den Smiths nur sehr entfernt was zu tun. Tomte-Fans sollten auch erst mal vorsichtig sein. Selbst wenn mit Dennis Becker und Olli Koch eine Hälfte des Tomte-Line-Ups mitmischt, bewegen sich Marr doch auf einer ganz anderen Baustelle. Und die heißt klipp und klar Emo.
Marr schaukeln ihren Gitarren-Krach in der Nische zwischen Indie und (Post-)Hardcore nach oben und bleiben dabei gerne an den großen Anhaltspunkten vom Beginn der Neunziger hängen. Für die Entwicklung der elf Songs standen sicherlich Bands wie Sonic Youth, die unterschätzten Van Pelt oder auch ein bisschen At The Drive-In Pate.
Eben diese Bands, die die Melodie im Krach finden. Bands, die ihre Wut so erträglich verpacken, dass daraus ein kleiner durchgestylter Song wird, in dem man nur nach langer Suche seinen Pop findet. Lärmen und gleichzeitig jammern können Marr jedenfalls genau so gut wie ihre Vorbilder.
Gekonnt jubeln Marr wirklich jedem Song mehrere Stimmungsschwankungen unter. Laut führt zum obligatorischen Leise. Brachial wechselt sich mit zerbrechlich ab, und so weiter und so fort. Das ist alles ganz nett und durchaus eine runde Sache, aber Marr sind nicht wirklich der heiße Scheiß, für den sie gerade an jeder Ecke verkauft werden. Sie sind großartige Musiker, die genau wissen wie man einen Song aufziehen muss.
Energische Ergebnisse wie "Our Fashion Is Your Fashion" zeigen großspurig, wie man seine Wut in einen abwechslungsreichen Song irgendwo zwischen den inzwischen aufgelösten US-Emo-Helden Elliot und schreienden Post-Corern umwandeln kann. "Express And Take Shape" hat vor allem durch die enorme Professionalität im Songwriting seine Reize, ist bei Leibe aber kein Meisterwerk. Dafür sind die elf Songs einfach zu unaufregend.
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