laut.de-Kritik

Russische Melancholie trifft auf Dub-Techno.

Review von

Wolfgang Voigt hat mit seinem umjubelten Auftritt bei der Transmediale in Berlin einmal mehr gezeigt, dass Dub-Techno ein Genre ist, das auch 2009 nichts von seiner Aktualität verloren hat. Ganz im Gegenteil, seit einiger Zeit kann man beobachten, wie verstärkt deepe und dubbige Sounds verstärkt Einzug in den Output ganz unterschiedlicher Produzenten halten.

Abseits der großen Namen wie Voigt oder Basic Channel hat sich eine nicht zu unterschätzende Szene von Produzenten herausgebildet, die das Erbe der großen Vorbilder bewahrt und für sich fruchtbar macht. Einer davon ist der Russe Marat Shibaev, der seine Tracks seit 2006 unter dem Alias Martin Schulte veröffentlicht.

Mit knapp über 20 Jahren gehört er zu den jüngsten Produzenten auf dem internationalen Parkett. Trotz seiner jungen Jahre umfasst der Backkatalog bereits zahlreiche Longplayer, veröffentlicht in erster Linie auf Net-Labels wie Stille Macht Taub und Sinergy Networks.

"Depth Of Soul" ist nach "Sunset" sein zweites CD-Release und weist Martin Schulte einmal mehr als Produzenten aus, der es versteht deepen Ambient mit dem nötigen Kick für die Tanzfläche auszustatten. Damit passt der Longplayer bestens zur derzeitigen Entwicklung im Techno, die durch die Suche nach einer neuen Tiefe gekennzeichnet ist.

Am sinnbildlichsten für das Streben weg von allzu plakativen und oberflächlichen Sounds und Effekten stehen bei Martin Schulte Tracks wie "Tunnel" und "Countryside". Ein verwaschenes Grundrauschen, wie es auch für die Produktionen von Deepchord charakteristisch ist, bildet die Grundlage der Beats.

Im Gegensatz zu vielen anderen Dub-Techno-Produktionen stellt "Depth Of Soul" die Beats klar in den Raum und gibt den Tracks einen technischen Touch mit. Dieser steht in schönem Kontrast zu den beiläufig eingestreuten Field-Recordings und mit viel Hall belegten Melodiespuren.

Der Gegensatz von klarem Tanzflächen-Appeal und verträumtem Home-Listening trägt wesentlich zur Spannung bei, die "Depth Of Soul" ausmacht. Als roter Faden zieht sich eine Schwermut durch den Longplayer, der natürlich bestens zur Biografie von Marat Shibaev passt. Schließlich sagt man der russischen Seele im Westen einen nicht unerheblichen Hang zur Schwermut nach. Mit dem Klischee spielt "Depth Of Soul" auch ganz bewusst.

Man darf gespannt sein, ob dem jungen Produzent schon bald eine ähnliche Popularität beschert sein wird, wie Scsi-9, dem bekanntesten Techno-Export aus Russland.

Trackliste

  1. 1. Big City Street
  2. 2. Countryside
  3. 3. Glitchtech
  4. 4. Forest
  5. 5. Mutation
  6. 6. Supper
  7. 7. Tunnel
  8. 8. Solar Eclipse
  9. 9. Gulf Stream

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