laut.de-Kritik

Neues vom Paten des Desert Rock.

Review von

Das letzte Album "Pine/Cross Dover" war "nur" sehr gut, aber allein der Song "Absinthe Jim & Me" wäre genug gewesen, um 16 Jahre Wartezeit ohne Masters Of Reality unerträglich zu machen. Chris Goss ist eben nicht nur wichtig als Pate des Desert Rock, er schrieb etliche zeitlose Songs. Die auf "Sunrise On The Sufferbus" sind das prominenteste Beispiel, aber auch Goon Moons geringer Output strotzt vor Genius. Leider fuhr Goss auch seine Produktionsaktivitäten zuletzt arg zurück, umso mehr freuen wir uns über das neue Album "The Archer".

In der aktuellen Konstellation umfassen MOR neben Goss Alain Johannes, bekannt von Eleven, an der Gitarre, dem Seit-1999-Immer-Mal-Wieder-Bandmitglied John Leamy an den Drums und Paul Powell am Bass, der euch wenn überhaupt durch seine Arbeit mit Jamiroquai bekannt sein könnte. Natürlich ist bei Goss' Gewicht immer fraglich, wie viel Raum die Mitmusiker, die auch in den Credits aufgeführt werden, einnehmen, aber meine Hypothese ist: sehr viel. Das ist am augenscheinlichsten bei Powell, der einen für Goss' Werk völlig untypischen, wenig dröhnenden, haptisch-bluesigen Bass spielt. "The Archer" fühlt sich nicht fremd an, knüpft aber nur sehr lose an die Schwere von "Pine/Cross Dover", Desert Rock oder früheren Jazzrock an.

Der Bogenschütze fühlt sich sehr informiert über die Musik der Jahrtausendwende an, ohne ihr verhaftet zu sein. Mark Lanegan hätte das gemocht. Goss sorgt schon als Sänger dafür, dass sich trotzdem alles nach ihm anhört, mit seiner typisch langsamen Art, schüchtern-besoffen beginnend und am Ende doch raumgreifend. Der Titeltrack beginnt das Album etwas zu getragen und zwar fein ornamentiert, aber letztlich nur als langes Intro für das schmissige "I Had A Dream". Ein sich gefühlt im positiven Sinne ewig hinstreckender Indie-Bewusstseinsstrom voller Sehnsucht. Hier deutet Goss schon an, dass sein altes Trademark, der Wechsel aus Druck und Entspannung, nicht verloren ging, aber alles bleibt eine Ecke braver, ohne gedämpft zu wirken.

"Chicken Little" bietet das nächste Highlight, eine von Goss' leicht schräge, sprachlich stets angenehme Lebenslektion in Geschichtenform. Powell und Johannes dürfen im Dialog geradezu unverschämt aufblühen. Eine Hymne entfaltet sich für eine überraschend reich bepflanzte, unbekannte Wüstenlandschaft, toll bis zum Schluss. "Mr. Tap N' Go" hält nicht mit und ruht sich zu sehr auf seiner etwas faden Grundfigur aus. Eleganter gelingt das Kleinod "Barstow", allerdings ohne so recht ein Ende zu finden. Das handwerklich gute Gitarrensolo dominiert den zweiten Songteil, wirkt aber eher verlegen als organisch-zwangsläufig. Allerdings sprechen wir hier von einem guten Song, der nur noch besser hätte werden können.

"The Archer" macht mit seinem gemächlichen, aber nicht gemütlichen Tempo durchgehend Spaß. "Sugar" schraubt sich immer wieder runter, gerade, wenn man dachte, es ginge nun hoch, trotzdem singt man mit. Die fehlende Dynamik greift "Powder Man" mal so gar nicht auf, und verliert durch die Positionierung etwas von seiner gelungenen gespenstischen Atmosphäre. Leicht macht das Album es einem nicht, "It All Comes Back To You" hätte so viele Ausfahrten für einen Stoner-Stampfer und entscheidet sich konsequent fürs Verspielte. "Bible Head" beendet ein seltsames, gutes Comeback-Album mit den bekannten Zutaten und einem reich ausgeschmückten Mid-Tempo-Strom.

Trackliste

  1. 1. The Archer
  2. 2. I Had A Dream
  3. 3. Chicken Little
  4. 4. Mr. Tap N' Go
  5. 5. Barstow
  6. 6. Sugar
  7. 7. Powder Man
  8. 8. It All Comes Back To You
  9. 9. Bible Head

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