laut.de-Kritik
Neues von den Urvätern und Vorreitern aller Brazil-Hypes.
Review von Kai Kopp"Half A Minute" und "Get Out Of Your Lazy Bed" tummeln sich auch 20 Jahre nach ihrer Veröffentlichung noch als Ohrwurm in der Großhirnrinde. Matt Bianco waren seinerzeit verantwortlich für die groovende Attacke auf Europa. Ihre Waffen: brasilianisierte Popsongs!
Heute wird so was am Fließband produziert und als Brazil-Sampler beim Kauf eines Caipirinha-Sets beigelegt. Aber Stop! Wir reden hier nicht von irgendwelchen Wohnzimmer-Sambaistas. Matt Bianco sind sozusagen die Erfinder, Urväter und Vorreiter aller Brazil-Hypes.
"Wir mixten damals Jazz mit Latin-Rhythmen und Pop, waren uns aber gar nicht sicher, ob irgendwer das überhaupt hören wollte" erinnert sich Mark Reilly. Und ob! Ihr erstes Album "Whose Side Are You On" brachte insgesamt fünf Singles hervor und begeisterte das Poplager ebenso wie die Jazzfraktion.
Die Urbesetzung ging trotz dieses Erfolgs getrennte Wege. "Wir haben alle immer gerne an die Anfangszeit von Matt Bianco zurückgedacht. Danny besuchte mich irgendwann in meinem Studio, und dabei entstand spontan die Idee einer Reunion", sinniert Mark Reilly. Nachdem auch Basia sofort begeistert war, gingen die drei mit geballter nostalgischer Kraft ans Werk und zauberten zehn entspannte und groovige Songs aus ihren Hüten. Für viele Matt Bianco-Fans der ersten Stunde steht fest, dass dies das legitime zweite Album der Band ist.
"Ordinary Day" entpuppt sich als Opener und Singleauskopplung zugleich. "Dieses Stück enthält meines Erachtens alles was Matt Bianco ausmacht: einen wirklich netten Bossa-Groove und Basias verlockende Stimme", weiß Mark Reilly zu berichten. Bei "Wrong Side Of The Street" steht die erstickende Botschaft des polnischen Textes im Gegensatz zur leichtfüßigen musikalischen Untermalung.
"La Luna" empfiehlt sich als poppiger Cha Cha Cha. Bei "Ronnie's Samba", einem beschwingten Jazz-Samba, beleben sie gar den 1991 verstorbenen Saxophonisten Ronnie Ross wieder ("Wir hatten noch ein paar unveröffentlichte Aufnahmen, die wir verwenden konnten"). "Kaleidoscope" swingt genüsslich in bester Crooner-Manier aus den Boxen.
Einzig die fortgeschrittene Zeit könnte Matt Bianco beim Anknüpfen an ruhmvolle Tage ein Schnäppchen schlagen. Latin-Pop hat in den letzten 20 Jahren eine massenwirksame Verbreitung erreicht, der Markt ist an Qualität und Quantität gesättigt. Trotz allem steht der Thron, den Matt Bianco sich seinerzeit erbauten, nach wie vor verwaist am Firmament. Mit "Matts Mood" erhält die beharrliche Platzreservierung endlich einen Sinn.
Erstmalig planen Matt Bianco ihr Repertoire im Rahmen einer ausgedehnten Tournee live zu präsentieren. Allen Fans der ersten und heutigen Stunde seien die Termine empfohlen, bei denen Basia Trzetrzelewska, Mark Reilly und Danny White sich gemeinsam auf einer Bühne präsentieren.
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