laut.de-Kritik
Die Classic Rock-Produktion webt eine dichte Klangmatrix.
Review von Yan VogelMessenger stimmen auf "Threnodies" (dt. Klagegesänge) ebenjene an. Im Mittelpunkt des lyrischen Geschehens steht das chaotische Gepräge menschlichen Zusammenlebens. Die Welt ist zerfurcht von Kriegen (als Ausdruck des Terrors Reich gegen Arm) und Terror (als Ausdruck des Krieges Arm gegen Reich). Somit hört man sieben musikalische Memorials für die zahllosen Toten, auf die der von Paul Klee gezeichnete und von Walter Benjamin treffend beschriebene Angels Novus im stummen Entsetzen zurückblickt. In dieser Gewaltspirale fungiert die Musik der Briten als Refugium und Therapie.
Klar klingen die Jungs retro, aber angesichts der zahlreichen Heldentode der letzten Zeit können Rock- und Pop-Fans froh über jede Band sein, die einen traditionsreichen Sound in die Neuzeit überführt. Das Quintett agiert in der musikalischen Umsetzung sehr vielschichtig und bedient unterschiedliche Facetten. Dabei bleiben die Londoner stets zugänglich, da die einzelnen Parts nicht überladen herkommen und gebührend Raum zur Entfaltung erhalten. Dass die Band vom Beginn des Songwritings bis zum Abschluss der Produktion involviert war gibt dem zweiten Album einen rougheren und kompakteren Klang als dem Vorgänger "Illusory Blues".
Das analoge Tasteninstrumentarium, traditionsschwangere Riffs und ausgefallene Harmonien tragen zum orchestralen Klangcharakter bei. Die Classic Rock-Produktion webt eine dichte Klangmatrix aus transparenten Gitarren, druckvollen Drums und dynamischen Synthesizern, in der man sich gerne verliert. Gut wenn man einen namhaften Produzenten in der Band weiß. Jaime Gomez Arellano spielt nicht nur die Drums, sondern produzierte bis dato namhafte Gruppen wie Paradise Lost, Ghost oder Primordial.
Knarzende Sabbath-Riffs treffen auf treibende Purpleleske Strukturen ("Oracles Of War"). Aber auch Folk-Jünger erleben im abschließenden "Crown Of Ashes" ihre Offenbarung. Immer wieder dringen Pink Floyd an die Oberfläche ("Pareidolia"). Das beständige Changieren zwischen Härte und Melodie wie in "Nocturne" ergibt ein weiteres charakteristisches Soundmerkmal.
Eine unaufgeregte Herangehensweise, die an Neo Prog-Vertreter wie Anekdoten oder Gazpacho erinnert, bei denen Atmosphärisch wichtiger als die Spieltechnik ist. "Balearic Blue" mit seinen Gilmourschen Vocals, den hypnotischen Drum-Patterns, klassischen Einsprengseln und Gitarren-Exkursen, die ein Jimmy Page vor 40 Jahren nicht besser hätte intonieren können, verleihen einem simplen Strophe-Refrain-Schema über sechseinhalb Minuten Glanz.
Auch die Harmoniegesänge und Melodien tragen erheblich zum melancholisch-andächtigen Anstrich der Songs bei. Ob Psychedelic Rock, Folk Prog oder Grindpop, egal wie man versucht das Kind beim Namen zu nennen, wird man allenfalls einzelnen Facetten gerecht, doch niemals dem großen Ganzen. Das Artwork erinnert sowohl an ein artifizielles Bild eines Herzens als auch an einen Blick ins kosmische Chaos. Organisch, aber doch irgendwie Out Of Space trifft es als Beschreibung wohl ziemlich gut. Es gibt Platten, an deren Ende die Stille unerträglich scheint und man gerne noch eine Extrarunde durch den Traumpalast dreht.
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