laut.de-Kritik
Im Rückspiegel sieht vieles besser aus, selbst Cowboyhüte.
Review von Emil Dröll1996 war der Aufschrei groß: Die einstigen Thrash-Götter schnitten sich die Haare, schminkten die Augen – und servierten mit Load ein Southern-Goth-Rock-Album, das mit "Kill 'Em All" nur noch die E-Gitarren gemeinsam hatte. Statt Nackenbrecher gab's Slide-Gitarren, statt Moshpit melancholisches Midtempo. Und während viele Fans noch mit dem "Black Album" haderten, klang "Load" für viele wie der musikalische Haarschnitt, nach dem man nur noch Mütze tragen möchte.
Knapp 30 Jahre später bringen Metallica genau dieses Spalteralbum im Deluxe-Remaster – samt 245 bisher unveröffentlichter Aufnahmen, Riff-Demos, Live-Material und Memorabilia, als wolle man der Kritik von damals jetzt eine goldgerahmte Sonderausgabe verpassen. Und siehe da: Im Rückspiegel sieht vieles besser aus, selbst Cowboyhüte.
Das eigentliche Remaster bleibt moderat, aber gezielt. Gitarren und Bass klingen definierter, die Snare endlich mit mehr Punch. Besonders in "Mama Said" und "Bleeding Me" entfalten sich die Details spürbar – letzterer schleift sich schwerer durch die Boxen, wirkt erdiger, besonders bei überlagerten Passagen bei "Hero Of The Day" oder "Ain't My Bitch", wuchtiger. Auch Hetfields Gesang gewinnt an Tiefe. Der Röhr-Faktor ist noch da, aber besser eingebettet. Was bleibt: Die Songs sind immer noch zu lang. "Bleeding Me" zerrt sich über acht Minuten, "The Outlaw Torn" feiert seinen zehnminütigen Full-Cut-Einstand – Pflichtübung für Fans, Geduldsprobe für alle anderen.
Die Live-Aufnahmen aus 1996, vor allem vom Gig in Irvine und aus dem Donington Park, machen Spaß: "So What", "Overkill" (mit Lemmy!), "Whiplash", ein "Kill/Ride Medley" – die Band brennt, Hetfield beißt, die Produktion ist klar für 90er-Verhältnisse. Metallica auf der Bühne? Immer ein Erlebnis.
Und auch Coverversionen aus dem Studio sind hier und da versteckt: "Last Caress" (Misfits) oder "Stone Dead Forever" (Motörhead) bringen frischen Wind in den Re-Release.
Dazu gibt's Raritäten, Demos, Proberaum-Mitschnitte und gefühlt jede einzelne Note, die zwischen 1995 und 1997 einmal angespielt wurde. Nicht alles muss man hören – aber wer sich für den kreativen Entstehungsprozess interessiert, findet hier echtes Archivfutter. Highlights: die rohe "Mama Said"-Akustikversion und die charmant rumpelige "'Bleeding Me' Vocal Idea". Weniger charmant: die elektronischen Remixe. Wer dachte, man könne "Until It Sleeps" als Dub-Techno aufpeppen, hat entweder Mut oder kein Gehör. Peinlich, überflüssig, zum Wegskippen.
"Load" wird durch das Remaster nicht zum Klassiker – aber zum besser hörbaren Kapitel in Metallicas Wandlungsroman. Die Deluxe-Box ist nicht weniger als eine komplette Werkschau der Mid-90s-Ära: düster, poliert, überambitioniert. Aber auch mutig, ehrlich und oft unterschätzt. Wer damals ausgestiegen ist, wird hier nicht wieder aufspringen. Wer heimlich immer "Hero Of The Day" mochte, darf sich freuen. Deluxe-Fazit: Teuer, umfangreich, kompromisslos. Remaster-Fazit: Solide klangliche Kur, ohne Schnickschnack. Fan-Fazit: 15 Stunden Material, Nostalgie, Lemmy – was will man mehr?
3 Kommentare
Mein Problem mit (Re)Load war nie die musikalische Ausrichtung und erst Recht nicht die neuen Frisuren, sondern die zermürbend langweiligen Filler in der zweiten Hälfte. Hätte man die Highlights beider Alben auf eine Platte gepackt, wäre der Backlash bei weitem nicht so dramatisch ausgefallen (sie nennen mich Captain Hindsight).
1. Fuel
2. 2X4
3. Until it sleeps
4. The House Jack Built
5. The Memory Remains
6. Hero of the Day
7. Wasting My Hate
8. Mama said
9. Ain't My Bitch
10. King nothing
11. Low Man's Lyric
12. Fixxxer
Ein durch und durch beschissenes Album.
Ich fand‘s zu der Zeit echt okay und es gibt mir auch heute noch - zusammen mit Reload - deutlich mehr als die Thrash-Knüppeleien auf St. Anger.