laut.de-Kritik
Mit ihr gäbe es kein Grand Prix-Desaster.
Review von Michael Schuh"I don't give a shit what people say", singt Mia Aegerter in der aktuellen Single "Alive". Das ist durchaus rühmlich, auf Albumlänge dann aber doch unrebellischer als es das faustreckende Zitat zunächst weismacht. Zur Erinnerung: Mia ist die Frau, mit der ein deutsches Grand Prix-Desaster der Sorte Gracia hätte vermieden werden können, wäre nur rechtzeitig schlau gehandelt worden. Doch wie leiert es NDR-Unterhaltungschef Meier-Beer derzeit in alle Kameras: Die Zuschauer haben entschieden.
Traurig genug aus den bekannten Gründen, aber auch, weil "Alive" eigentlich ein ganz nettes Sheryl Crow-Liedchen ist, das im internationalen Wettbewerb den Schamgrenzen deutscher Musikliebhaber nicht ganz so nahe gekommen wäre. Obendrein ist die Interpretin von "Alive" ein sympathisches Mädel, das, wie die BRAVO wohl sagen würde, "weiß, was sie will", während wir doch weiterhin hoffen, dass dies auf jeden Künstler zutrifft.
Tatsächlich ist die 26-Jährige eine Anhängerin poplastig-hymnischer Rockmusik, die zwar oftmals handzahm und mit mäßig witzigen Pronomen-Spielchen um die Ecke schrammelt ("Over U", "U Don't Know How To Love Me"), aber auch durchaus Positives aufweist. So lässt sich die Schweizerin in "We Don't Even Talk Anymore" ausschließlich von einer akustischen Gitarre begleiten, was ihre vielseitige Stimme schön in Szene setzt. Der Ohrwurm "Right Here Right Now", in dem sogar zaghaft Computer-Beats und Scratches auftauchen, ist ebenso annehmbar wie der Mundart-Filmsong "Hie u jetzt" (auch wenn der sich wohl kaum wie in der Schweiz wochenlang in den Top Ten halten dürfte).
Die selbst verfassten Texte des ehemaligen GZSZ-Girls dürften dagegen auch deutschen Teenagern aus dem Herzen sprechen ("Love is a book, you don't learn how to read") und könnten der Sängerin nicht zuletzt aufgrund des gerade angelaufenen Films "Achtung, fertig, Charlie!" zu größerem Ruhm verhelfen. Vermutlich ist auch Schmusepopper Ronan Keating dem Charme der Frau nicht ohne Grund erlegen, die ihn auf seiner letzten Tournee ein Stück begleiten durfte. Solche Ehrerbietungen können einem eben zu Gute kommen, wenn man seine Songs selbst komponiert, anstatt diese Aufgabe windigen Produzenten in die Hände zu legen.
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