laut.de-Kritik

Die Mische zündet immer noch, aber viel zu selten.

Review von

Militarie Gun scheinen sich selbst gefunden zu haben: "Es ist, als hätten wir schon seit einiger Zeit ein schnelles Auto gehabt, aber hätten erst jetzt herausgefunden, wie man es fährt", berichtet Frontmann Ian Shelton. Einige Mitgliederwechsel gab es über die Jahre und auch musikalisch hat sich die Band entwickelt: Der klare Post-Hardcore pendelte zunehmend in weniger extreme Alternative-Rock-Gefilde. Die härteren Wurzeln sind zwar noch erkennbar, müssen sich heute aber mit Pop-Einflüssen arrangieren.

Geschickt ausbalanciert, kann das eine zündende Mische sein, wie der großartige Opener "B A D I D E A" beweist: Unter zwei Minuten, rasende Energie, mit sich selbst ehrlich ins Gericht gehende Texte, eine brüllbare Buchstabier-Hook – punkig, ja, aber mit dem Pop-Verständnis von catchy Melodien, unterstützenden Synthies und kompaktem Songwriting. Gerade deswegen knallt der Song so. "I've been slipping up / My eyes are baggy and my face is puffed up", schreit Shelton und man fühlt es mit ihm, aber gleichzeitig will man freudig grölend umhertanzen.

Der Song macht Lust auf mehr, doch dieses Versprechen löst die Platte nur teilweise ein. Die gleiche Energie erreichen wenige Tracks und zu oft gepaart mit unspannenderen Kompositionen. Am ähnlichsten gerät noch "Maybe I'll Burn My Life Down" mit einer ebenfalls zwischen nur zwei Tönen wackelnden Gesangsmelodie und einem brüllenden Shelton. Auch "Throw Me Away" balanciert Harmonie und Aggression gut. Auf dem anderen Ende der Intensitätsskala überrascht "Daydream" als schöne Akustik-Nummer mit Streichern. Auch wenn sie nicht gerade die innovativste Emo-Ballade aller Zeiten ist, tut sie dem Albumfluss gut.

Dass Militarie Gun Neues ausprobieren, ist nicht zwingend schlecht. Manches funktioniert auch ganz gut. Die Synths wirken nicht unpassend, das plötzliche Hip-Hop-Outro in "God Owes Me Money", warum nicht? Und auch das Sample in "Kick" klingt sogar ziemlich cool. Das Problem ist eher, wie generisch manche Songs wirken, von den Akkordfolgen und Melodien bis hin zu textlichen Phrasen. Da waren Militarie Gun schon mal einzigartiger. Im Versuch, Britpop-, Emo- oder Pop-Punk-Songs zu schreiben, versumpft hier vieles.

Ian Shelton zeigt sich auf dem Album verletzlich, singt etwa über seine Alkoholsucht, über Selbstzweifel, sogar über Suizidgedanken. Gesanglich kommt das auch oft roh rüber, aber da viele Songs hier musikalisch so unaufregend sind, schlagen die Lyrics dadurch nicht so kräftig ein.

Hängen bleibt noch die Botschaft der Selbstliebe im abschließenden Titeltrack. Darin richtet er sich an verschiedene Personen und versichert ihnen, dass sie geliebt werden – an sich selbst aber nicht. "Dabei war ich die Person, die am meisten hören musste, was ich sagte", erklärt er im Pressetext. "Du solltest nicht warten müssen, bis dein Leben völlig zerstört ist, um zu versuchen, es zu verbessern." Gute Message. Aber musikalisch wirkt das Auto, das Militarie Gun fahren, leider nicht mehr so schnell, wie es mal war – auch wenn sie dem natürlich widersprechen.

Trackliste

  1. 1. Pt. II
  2. 2. B A D I D E A
  3. 3. Fill Me With Paint
  4. 4. Throw Me Away
  5. 5. God Owes Me Money
  6. 6. Daydream
  7. 7. Maybe I'll Burn My Life Down
  8. 8. Kick
  9. 9. Laugh At Me
  10. 10. Wake Up And Smile
  11. 11. I Won't Murder Your Friend
  12. 12. Isaac's Song
  13. 13. Thought You Were Waving
  14. 14. God Save The Gun

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