laut.de-Kritik

Aus der Playlist von Deutschraps größtem Amirap-Kenner.

Review von

Eines vorneweg: Natürlich lieben wir alle Money Boy. Als Person. Als kulturelle Institution. Als einer der heiligen Geister der Deutschrap-Szene. Das stellt offensichtlich niemand in Frage. Aber trotzdem, Gemeinde: Was machen wir mit Money Boy als Album-Artist?

Alphonse Pierre sagte einmal über Certified Trapper, dass es manche Rapper gibt, die zwar Tapes machen, deren Medium aber offensichtlich das Tape nicht unbedingt ist. Es ist nur einer von vielen Wegen, in die Welt abzutauchen, und der größte Spaß kommt eigentlich immer daher, quer durch die Socials zu surfen und die Madness Track für Track in sich aufzunehmen.

Money Boy ist definitiv auch so ein Rapper, denn Tapes wie "Unfinished Business" sind wahrscheinlich nicht das Medium, um den Unterhaltungswert des Boys vollwertig zu transportieren. Das Problem hier ist mittlerweile fast ein bisschen, dass der Junge zu gut geworden ist für den trashy-absurden Unterhaltungsfaktor.

Heutzutage sollte sich Money Boy von der amerikanischen Botschaft in Wien bezahlen lassen, da sein kompletter Sound mehr oder weniger als Kulturvermittlung durchgehen kann. "Unfinished Business" bietet einen Querschnitt dessen, was Deutschraps größter Amirap-Connaisseur in den vergtangenen Monaten so gepumpt hat. Und so sehr es Spaß macht, Track für Track zu clocken, welcher Amirapper diesmal als Vorbild hergehalten hat, kommen gleichzeitig doch eine ganze Menge Tracks heraus, die weder großartig noch schlecht sind, sondern einfach wie von einem x-beliebigen Datpiff-Mixtape gezogen klingen.

Was nicht heißt, dass sich keine Highlights finden. Auf "Bahamas Breeze" und "Off The Back" rappt er ziemlich nice, die schnelleren Flows stehen ihm gut, außerdem verschwimmen die Anglizismen mit der Zeit so sehr, dass man zwischenzeitlich vergisst, dass man gerade deutschen Rap hört. Gerade Letzerer klingt ziemlich doll nach "Plain Jane" von A$AP Ferg, wenn es das nicht sogar direkt samplet.

Die direkten Referenzen beweisen dabei exzellenten Geschmack. Wir kriegen "Viking" von SahBabii ("Viking"), wir kriegen "Hitlist" von Coach Da Ghost ("Damn"), wir kriegen einen 41-Style Jersey Club-Track ("Crypto Rich", wenn man das sehr dämliche Trackthema ausblenden kann). Ein bisschen schickt mich "Meine Nüsse & Mein Ehrenwort": Der Flow wirkt so markant, dass ich eigentlich auf die Referenz kommen sollte. Klingt ein bisschen, als würde Yuno Miles in den Zeilenenden zu Baby Kia gehen. Macht mich kirre!

Zwischendurch geht der Amirap-Fetischismus so weit, dass er selbst zu vergessen scheint, dass er nicht in Amiland lebt. Auf "Perfect Time" rappt er "Ich kam nicht her, um ein fucking Tellerwäscher zu sein". Das ist ehrlich ziemlich lustig, wer sagt ihm, dass er nicht für den American Dream in den amerikanischen Armutsvierteln lebt?

"Unfinished Business" ist immer dann am besten, wenn er am idiosynkratischsten auftritt. Oder einfach gesagt: Money Boy ist ein exzentrischer Dude und sollte auf allen Tracks so weird wie möglich sein. Ich will weirde Lines, weirde Flows und weirde Referenzen auf weirden Amirap. Ich stelle mir das Best-Case-Szenario für ein Money Boy-Album von der Hörerfahrung etwa wie Yung Hurns "Krocha Tape" plus zwischendurch geile geile Flows vor.

Man merkt schon, dass er das Kuriositätenkabinett überwinden möchte. Money Boy will als Rapper ernst genommen werden, will aber auch die alte Fanbase nicht ganz verprellen. Was übrig bleibt, ist wie so oft ein Tape, das sich ein bisschen zu ernst nimmt, um das volle Entertainment-Potential des Boys auszuspielen. Die bloße Fähigkeit, solide generischen Amirap zu adaptieren, haut dann doch nicht so sehr um.

Ich glaube, Money Boy kreist schon permanent um diese perfekte Balance, ein lustiger und absurder Dude zu sein, der diesen Humor und diese Weirdness genau im richtigen Ausmaß in seine Musik projiziert, ohne dass der Verdacht aufkommt, er würde diese Musik nicht aus reiner Liebe für seine Vorbilder machen. Es ist eine schwierige Geschichte mit dem Humor, denn wenn der auch nur ein bisschen zu sehr Überhand nimmt, werden aus liebevollen Hommagen bizarren Minstrel Shows.

"Unfinished Business" spielt es dahingehend sicher und macht klar, wie viel Respekt der Boy für seine Inspirationen hat. Damit er aber wirklich das Album als sein Medium claimen kann, müsste sich das Tape noch ein klein bisschen mehr Weirdness zutrauen.

Trackliste

  1. 1. Same Time
  2. 2. Off THe Back
  3. 3. Drip After Drip
  4. 4. Back At It
  5. 5. Damn
  6. 6. Bahamas Breeze
  7. 7. Perfect Timing (feat. Fab Stripes)
  8. 8. Zillionaire
  9. 9. PPP
  10. 10. Johnny Bravo
  11. 11. Crypto Rich
  12. 12. Matrix
  13. 13. Meine Nüsse & Mein Ehrenwort
  14. 14. Rhyme Book
  15. 15. Back 4 Dat
  16. 16. Viking

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