laut.de-Biographie
Napalm Death
Kaum eine Band in der Metal-Szene ist so bekannt wie Napalm Death, und das ist auch gut so. Diese Truppe beeinflusst in musikalischer Hinsicht beinahe jede neuere extreme Stilrichtung, sei es nun im Gitarren- oder im elektronischen Bereich.
Auf die einzelnen Mitglieder von ND im Laufe der Jahre einzugehen, würde diesen Rahmen sprengen - hier mag die offizielle Homepage helfen. Festhalten sollte man aber, dass Musiker mitspiel(t)en, die früher oder später bei Acts wie Terrorizer, Godflesh, Carcass, Righteous Pigs, Benediction und anderen herausragenden Bands aktiv waren oder sind.
Ebenfalls bezeichnend für die Band gestalten sich seit jeher ihre Lyrics. Die Herkunft aus der Punk-Szene lässt sich nicht verleugnen. Das will auch niemand. Am deutlichsten dürfte wohl die Single "Nazi Punks Fuck Off" die Einflüsse offenlegen, eine Cover-Version der Dead Kennedys. Die Engländer lassen es sich über Jahrzehnte hinweg nicht nehmen, in ihren Texten eine deutliche Sprache zu sprechen.
Napalm Death haben ihren Ursprung in Civil Defence, einer Punkrock-Band, die 1982 Shouter Nick Bullen und Drummer Miles Ratledge in Birmingham gründen. Die Band, die hauptsächlich von den englischen Anarchopunks Crass beeinflusst ist, nimmt für den "Bullshit Detector Pt.3" einen Song auf. Damit ist der Grundstein für alles Weitere gelegt.
Für die Aufnahmen zur "Scum"-Scheibe stehen für die A-Seite die Herren Nick Bullen (neben den Shouts noch Bass), Justin Broadrick (Gitarre) und Mick Harris (Drums) zur Verfügung. Mick führt zudem den Begriff Grindcore ein und etabliert ihn als Definition für die Napalm Death-Sounds. Die B-Seite trümmern der jetzige Cathedral Fronter Lee Dorian (Vocals), Bill Steer (Gitarre), Jim Whitley (Bass) und Mick Harris ein. So viel zu Besetzungen.
Den größten Bekanntheitsgrad erreicht die Band mit dem Line-Up bestehend aus Shouter Mark 'Barney' Greenway, den beiden Gitarristen Mitch Harris (nicht verwandt mit Mick) und Jesse Pintado, Basser Shane Embury und Drummer Danny Herrera. Embury lärmt seit 1987 unter dem Napalm Death-Banner, Greenway, Pintado und Harris seit '89, und Herrea sitzt seit '91 hinter den Kesseln.
Das Personal steht seitdem weitgehend, auch wenn Barney kurzzeitig gefeuert und durch Phil Vane von Extrem Noise Terror ersetzt wurde. Barney nimmt dessen vakanten Posten dort ein, singt auch auf deren Album, die Napalms holen ihn aber rechtzeitig zu "Inside ..." zurück.
Dass die Engländer den Grindcore erfunden und salonfähig gemacht haben, muss man wohl niemandem mehr erzählen. Bis zur "Peel Sessions Pt.II" bleibt sich die Band soundtechnisch treu. Auf "Harmony Corruption" versuchen sie sich mit Producer Scott Burns an einer eher Death-Metal-lastigen Scheibe, die Fans und auch die Band selbst nicht zu den Highlights zählen.
Nach der Scheibe trennt sich auch Mick Harris vom Rest von Napalm Death, da seine musikalischen Ambitionen in Richtung Samplers und Loops gehen. "Utopia Banished" macht von Geschwindigkeit und Kompromisslosigkeit her keine Gefangenen. Dennoch beweist der Fünfer auf den kommenden Alben auch, dass es für ihn kein Problem darstellt, Grooves und Blastspeed unter einen Hut zu bringen. Napalm Death sprengen immer wieder die scheinbar so engen Grenzen im Grindcore und verpassen der Musik neue Aspekte.
Nachdem die ehemaligen Grindcore-Wegbegleiter inzwischen beinahe alle dahin geschieden sind, bleibt es an Napalm Death, die Fahne oben zu halten und für den Wind zu sorgen, der sie am Wehen hält. Dass sie damit überhaupt kein Problem haben und auch ihre Wurzeln nicht verleugnen, zeigen sie auf der "Leaders Not Followers"-EP, auf der sie 1999 einige ihrer alten Helden covern. Im Gegensatz zu den meisten anderen, die ein Coveralbum aufnehmen, haben wir es hier aber mit echten Undergroundbands zu tun.
Danach steht das nächste Studioalbum "Order Of The Leech" an, das einmal mehr einem trockenen, harten Schlag in die Fresse gleich kommt. Zusammen mit The Great Deceiver setzen sie sich in einem Tourbus und beackern zunächst das europäische Festland und anschließend mit Nile die Staaten. Wieder zurück daheim, wagen sich die Birminghamer ein weiteres Mal an ein Coveralbum.
"Leaders Not Followers: Part 2" bildet das Debütalbum für das neue Label Century Media. Diesmal geben Napalm Death wieder einigen Underground-Acts auf einem kompletten Longplayer die Ehre, aber auch etablierten Künstlern wie Kreator, Sepultura oder Agnostic Front.
Parallel dazu arbeiten die Briten jedoch auch an neuem eigenen Material und stellen Ende April "The Code Is Red ... Long Live The Code" in die Regale. Dort wagen sie endlich wieder ein paar Experimente und drücken das Tempo stellenweise auf ein Minimum herunter. Auch bei den Gastsängern greifen sie tief in die Trickkiste und ziehen daraus nicht nur Jello Biafra und Jamey Jasta (Hatebreed) hervor, sondern auch Ex-Carcass-Fronter Jeff Walker.
Wie üblich, kommen bei Napalm Death auch die Touren nicht zu kurz. Im Sommer 2005 teilen sie die europäischen Bühnen mit Most Precious Blood und Diecast. Basser Shane scheint trotzdem nicht genügend ausgelastet. Er findet noch Zeit, sich in Nebenprojekten zu beteiligen. Etwa bei der Band Insidious Disease, ins Leben gerufen von Old Man's Child-Klampfer Jardar. Mit von der Partie sind auch Gitarrist Silenoz und Drummer Tony Laureano von Dimmu Borgir.
Traurige Nachrichten ereilen die Band, als Ende August der ehemalige Gitarrist Jesse Pintado stirbt. Der hat erst kurz zuvor seine alte Gruppe Terrorizer wiederbelebt und das Album "Darker Days Ahead" aufgenommen. Frontmann Barney zeigt sich geschockt über den Tod seines Freundes.
Das neue Album "Smear Campaign" steht im typischen Napalm Death-Veröffentlichungs-Tempo im September 2006 in den Startlöchern. Diesmal gibt es eine weibliche Gaststimme: Anneke von Giersbergen von The Gathering singt auf dem Intro und dem Song "In Deference". Danach geht es noch im Semptember mit der 'Monsters Of Mayhem'-Tour durch die USA, gemeinsam mit Hatebreed, The Black Dahlia Murder und Exodus.
Live ist die Band nicht aufzuhalten. Als sich Barney die Achilles-Sehne verletzt, absolviert er die folgenden Gigs an Krücken. 2008 tauchen Napalm Death auf diversen Samplern auf. So huldigen sie zum einen Sick Of It All, zum anderen knöpfen sie sich mit Despair die frühere Band des Century Media-Chefs Robert Kampf vor. Auch der Celtic Frost-Vorgänger Hellhammer bekommt sein Fett weg, bevor sich die Briten an das nächste Album machen.
"Time Waits For No Slave" muss Ende Januar 2009 zwar ohne Gäste auskommen, dafür bietet die Scheibe sämtliche Trademarks der Band. Ob nun bereits veröffentlicht oder nicht: im Grunde egal. Napalm Death sind schon wieder auf der Straße und beackern Europa.
Da die Wirtschaftskrise immer mehr in der Vordergrund tritt und Napalm Death von jeher eine sehr politische Band waren, ist es nicht weiter verwunderlich, dass sie sich als Unterstützer der Occupy-Bewegungen outet. Keine Frage, dass auch "Utilatarian" 2012 von diesem und ähnlich gelagerten Themen geprägt ist. Stehen die Briten textlich nach wie vor deutlich zu ihren Richtlinien, erscheinen sie musikalisch dafür breiter aufgestellt denn je.
Als gewohnt sozialkritisch entpuppt sich auch der Nachfolger "Apex Predator - Easy Meat", der nicht nur mit seinem appetitlichen Fleischthekencover die Magengegend auf Touren bringt. Musikalisch beweisen Napalm Death, dass auch nach über 30-jähriger Karriere kein Stillstand im Grindcorelegendenhaus herrscht. Apex Predator - das sind Napalm Death im Extreme Metal-Universum ganz sicher.
Im Sommer 2018 eröffnet die Band aus Birmingham die Shows für die letzte Nordamerika-Tour von Slayer. Im Februar 2020 veröffentlichen sie die EP "Logic Ravaged By Brute Force", die unter anderem mit einem Cover eines Sonic Youth-Tracks aufwartet. Auf "Throes Of Joy In The Jaws Of Defeatism", dem 17. Studioalbum, bekommt Gitarrist Mitch Harris nur noch Credits als Gastmusiker. 'Barney' zufolge, hat er sich aus familiären Gründen ein wenig zurückgezogen. Auf die Platte, die im September des selben Jahres erscheint, hat das keinen Einfluss, tönen Napalm Death so angriffslustig wie zuletzt, nur dass sie wieder auf mehr Abwechslung setzen.
Abwechslungsreich zeigt sich die Band auch auf dem folgenden Minialbum "Resentment Is Always Seismic - A Final Throw Of Throes", das 2022 erscheint. Im Extreme Metal bleiben Napalm Death eine Klasse für sich.
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