laut.de-Kritik
Akustik-Album zum Netflix-Western von Daryl Hannah.
Review von Markus BrandstetterEs sind pittoreske und fragmenthafte Bilder, die Daryl Hannahs Film "Paradox" immer wieder tragen, einen bis auf das atmosphärische Element nur mäßig kohärenten Experimental-Western. Unter den Protagonisten: ein Mann mit schwarzem Hut, Hannahs Lebensgefährte, Neil Young heißt er.
Neils grimmiger Charakter spaziert oft stoisch durch die mal trockene, mal verschneite Landschaft. Man sieht ihm dabei gerne zu, noch lieber, wenn er auf der Akustikgitarre schrammelt, während die anderen Karten spielen. Ein spontanes Konzert von Young und Band? Umso besser. Obwohl Hannahs Filmaufnahmen vielleicht besser als Visuals oder als Musikvideo verwendet worden wären, so hat "Paradox" auch etwas Gutes: Young schuf einen Soundtrack zum Film, an dem er in Tour-Pausen arbeitete.
Dieser ist allerdings ebenso durchwachsen geraten wie Hannahs Film. Ein sechsteiliger Score, "Paradox 1" bis "Paradox 6", hier und da Akustikfragmente, die gerne in Verzerrungen übergehen, perkussiv, dunkel. Diese Kargheit, sie erinnert einen natürlich an "Dead Man", jenen Jim-Jarmusch-Film, dem Young eine meisterhafte, gespenstische musikalische Untermalung schenkte.
Youngs Band Promise Of The Real (mit den Willie-Nelson-Söhnen Lukas und Micah, die im Film überzogene Versionen ihrer selbst spielen) ist dabei sowie Jim Keltner und Paul Bushnell. Ebenfalls in den Credits: Ein Mann namens Joe Yankee, ein Synonym, hinter dem Young selbst steckt.
Die Reise führt uns durch Songs neuerer Young-Alben ("Show Me" und "Peace Trail" vom 2016er Album "Peace Trail") über instrumentale, atmosphärische Stücke wie "Hey" zu wunderbaren Country-Hadern wie "Digging In The Dirt" (zuerst als Chorus, dann als ganze Version enthalten). Weil auch Papa Nelson eine Gastrolle im Film hat, ist er auf dem Soundtrack als Erzähler vertreten ("Many Moons Ago In The Future"), auch einer seiner Songs kommt vor, "Angel Flying Too Close To The Ground". Ebenso Leadbelly ("How Long") und die Turtles (kurze Adaption von "Happy Together"), allerdings ohne Youngs Gesang.
Ganz am Ende singt er dafür nur von einer Ukulele begleitet seinen Song "Tumbleweed" – enthalten auf der Deluxe-Edition des 2014er-Longplayers "Storytone". Seine Stimme klingt warm, vertraut, zeitlos. Die Größe von "Dead Man" erreicht "Paradox" nicht, dafür fehlen Kohärenz und Dringlichkeit. Wunderschön ist es trotzdem: Neil Young hört man eben auch gerne beim Schrammeln zu.
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