laut.de-Kritik
Von der Hippie-Ikone zum verbohrten Hinterwäldler.
Review von Daniel StraubDer Kanadier ist eine der wenigen noch aktiven Ikonen der Hippie-Bewegung. Bereits vor 30 Jahren stand er mit seinen Crazy Horse-Musikern auf der Bühne und sang für eine bessere Welt. Im vergangenen Jahr zog er mit seinem Album-Musical "Greendale" die ernüchternde Bilanz. In seiner Wahlheimat, den USA, hatte sich nichts zum Besseren verändert, ganz im Gegenteil. Mit der nun erscheinenden DVD gibt Neil Young seinen auf dem Album "Greendale" bereits besungenen Eindrücken von Amerika ein Gesicht und lässt sich selbst tief in die Seele blicken.
Gute Absichten treiben Neil Young um. Im Kopf hat er die Vision einer gerechteren Welt, die Platz für Mensch und Natur im Einklang bietet. In den USA, wo Young seit Jahren wohnt, gelten derlei Werte derzeit nicht viel, zumindest nicht in Regierungskreisen. Der Öl-Multi und Präsident George W. Bush schert sich wenig um die Resourcen unseres Planeten. Er ist beseelt von einem höheren, von einem göttlichen Auftrag gegen den Terror.
Auch Neil Young kämpft gegen einen gefährlichen Feind. Das spricht aus jeder Zeile seiner Songs um die fiktive Familie Green. Auch die Bilder, die er seinen Songs an die Seite stellt, transportieren das Bedrohungsszenario. Dem Teufel wird nicht umsonst eine der Hauptrollen in "Greendale" zugewiesen. Er verkörpert die vielfältigen Bedrohungen für die Kleinstadtidylle von Greendale. Er durchkreuzt das harmonische Miteinander der Großfamilien. Er entfremdet Mensch und Natur. Er nimmt die Gestalt von Big Business an. Er bricht in Form der entfesselten Medien über Greendale herein.
Bewaffnet mit einer Super 8-Kamera kämpft Young 90 Minuten lang in grobkörnigen, wackligen Bildern und mit den Songs seines Albums "Greendale" gegen die korrupten Politiker in Washington D.C., gegen die Allmacht der Großkonzerne, gegen die effekthascherische Berichterstattung in den USA und zielt damit in letzter Konsequenz immer auch auf George W. Bush. Das ist an sich zwar löblich. Dennoch macht die ideologische Richtung, die Young in "Greendale" einschlägt, ähnlich viel Angst, wie der missionarische Eifer von George Bush junior.
Neil Young, einstmals den Idealen der revolutionären 60er Jahre verpflichtet, stellt sich mit "Greendale" sein eigenes Armutszeugnis aus. Der weit gereiste Musiker versteht seine verklärte Kleinstadtidylle als positiven Gegenentwurf zum modernen Amerika und stellt sich damit in eine Reihe mit reaktionärer Rednecks, die alles ablehnen, was ihren eigenen Horizont überschreitet. Von den freiheitlichen Ideen der Hippies zu einem konservativen Polit-Fundamentalismus wie auf "Greendale" ist ein weiter Weg; einer, auf dem ich Neil Young nicht folge.
1 Kommentar
Den Frieden in der Keimzelle zu finden ist der Hippie Traum. So what`s wrong with that album ?