laut.de-Kritik
Macht Lust auf Meer.
Review von Sebastian HüfingDer Name Neonschwarz verrät es bereits: Diese Gruppe steht auf Widersprüche. Das fängt bei der Bandzusammensetzung an - neben den bereits länger aktiven Johnny Mauser und Captain Gips mischen auch die Newcomer Marie Curry und Spion Y mit – und hört nicht beim Titel des Debüts auf.
Wohin die Reise geht, zeigt schon das Intro des Albums. Bei "Legen Ab" trieft selbst der Name vor guter alter Seefahrer-Metaphorik. Passend dazu würzt die Crew ihr Rap-Süppchen mit ordentlich Seesalz. Das Ganze unterlegt ein entspannter Beat, der mit seinem Trompeten-Sample Lust auf Meer macht.
Der Titeltrack des Debüts sieht stilistisch ähnlich aus. Auf radio-tauglichen Gitarren rappen die drei Hanseaten über Fische, Wasser und Korallen – natürlich immer im bildlichen Sinne. Das als Video ausgekoppelte "Hinter Palmen" klingt beinahe genauso und geht wie "Fliegende Fische" als einer der besten Songs des Albums durch. Gerade Marie Curry präsentiert sich hier gut und garniert beide Lieder noch mit potenziellen Ohrwurm-Refrains.
"Unser Haus" zeigt die andere Seite von Neonschwarz. Der relaxte, organische Sound weicht einem aggressiveren, elektronischen Klangbild, das dem Stück die nötige Dynamik beschert. Auch inhaltlich entfernt sich die Crew hier vom braveren Rest und lässt ordentlich Dampf ab: "Ich kämpfe gegen das Grau, ich bin im Farbrausch / Wenn ihr Geld machen wollt, verkauft doch das Rathaus."
In eine ähnliche Kerbe schlägt das politische "2014" – sowohl klanglich als auch textlich. Besonders Routinier Captain Gips geht hier auf und zeigt, dass er sich raptechnisch durchaus auf der Höhe der Zeit bewegt. Auf dem finalen Part des Tracks mahnt er wütend und kompromisslos Rassisten und frustrierte Globalisierungsverlierer ab: "Bilder in mei'm Kopf, seh' die Bilder, kann sie nicht ertragen / Fühle Trauer, fühle Wut, Bock euch ins Gesicht zu schlagen."
Vergleichbare Gefühle hege ich beim Hören von "Ypsilon". Die Nummer scheint durchaus gut gemeint, da Gips, Mauser und Curry hier den sonst im Hintergrund stehenden Spion Y, der für die Cuts auf dem Album verantwortlich zeichnet, ins Rampenlicht stellen. Wie das geschieht, wirkt allerdings alles andere als geglückt. Das fängt beim Instrumental an und hört bei den Fremdscham-erregenden Raps auf. Seinen Tiefpunkt erreicht der Track glücklicherweise erst ganz zum Schluss: "Ich guck' ihn an, bin von der Rolle so wie Klopapier / Und muss sogar an ihn denken, wenn ich onanier'."
Leider gehört nicht nur "Ypsilon" schon allein seines weniger gelungenen Beats wegen zum Skip-Material. Das trübt den eigentlich positiven Eindruck, den die meist soliden Vocals hinterlassen. Vor allem die elektronischeren Produktionen überzeugen nur selten, wie "Die Schwizzys" oder "Outta Control" beweisen. Hier hätten sich Neonschwarz eher an den weitaus besseren, organischeren Instrumentierungen aus "Neonschwarzer Block" oder "Seid Ihr Noch Wach" orientieren sollen, statt krampfhaft auf größtmögliche Vielfalt zu setzen.
Die gehört aber zum Konzept von "Fliegende Fische". Nicht umsonst wählte die Truppe ein Wappentier, das sowohl im Wasser auch als in der Luft zu Hause ist. Auch Neonschwarz zeigen, dass sie verschiedene Facetten zu bieten haben und diese, wenn auch mit Abstrichen, in einem dennoch gelungenen Gesamtwerk vereinen.
3 Kommentare
Alle Mann an Deck, der Kompass zeigt auf "wack".
als echter linksradikaler antifaschist aus tiefster überzeugung, bin ich seit jeher ein fan von johnny mauser, cpt gips und co ich werde mal reinhören. alerta und so
Platte ist in okay, finde ich. "Verwandelt" gefällt mir am Besten.
Meine Review:
http://www.hb-people.de/tipp/musik/neonsch…