Erstmals traten Artists nicht nach Geschlechtern getrennt an. Schlecht für Ed Sheeran: Er verliert gegen Adele. Liam Gallagher kam mit dem Heli.
London (laut) - Bei Veranstaltungen wie den Brit Awards sind Überraschungen in aller Regel dünn gesät. In zwei von drei Kategorien werden Adele und Ed Sheeran nominiert und teilen die Trophäen dann einigermaßen fair untereinander auf - so läuft das normalerweise. In diesem Jahr wartete die Verleihung der wichtigsten britischen Musikpreise jedoch mit mindestens zwei faustdicken Überraschungen auf.
Überraschend anders
Erstens: Ed Sheeran ging in fast allen Disziplinen leer aus, er bekam am Ende lediglich die Auszeichnung für den besten Songwriter. Ihm dürfte zum Nachteil gereicht haben, dass er in mehreren Kategorien zusammen mit Adele ins Rennen ging, es aber in diesem Jahr erstmals keine nach Männlein und Weiblein getrennten Rubriken mehr gab.
Zweitens: In der Kategorie "Best New Artist" triumphierte ... Little Simz?
Man muss es sich auf der Zunge zergehen lassen: Die aktuell beste Rapperin der Welt, die letztes Jahr mit ihrem vierten (!) Album alles rasiert hat und auch mit dem davor schon in aller Munde war, kriegt einen Newcomerpreis? Versteh' einer diese Entscheidung - auch wenn Simbiatu Ajikawo natürlich jede erdenkliche Wertschätzung verdient hat.
In Begleitung ihrer zuckersüßen Mutter nahm Little Simz gestern Abend in der Londoner O2 Arena die Auszeichnung entgegen, bedankte sich bei ihrem Team, ihrer Familie, Gott und der Welt, nicht jedoch, ohne ihren Status als unabhängige Künstlerin zu betonen:
Insbesondere an Kids mit hochfliegenden Träumen richtete sie ihren eindringlichen Appell, sich selbige bloß nicht austreiben zu lassen: "Ich bin der lebende Beweis", rief sie ihnen zu, "dass, wenn man hart arbeitet, egal, woher man stammt, welchen Background oder welche Hautfarbe man hat, man etwas Außergewöhnliches vollbringen kann."
Außergewöhnlich geriet dann auch ihr Auftritt, bei dem sie "Introvert" und "Woman" aus ihrem aktuellen Album "Sometimes I Might Be Introvert" zum Besten gab. So sehen also Newcomerinnen aus:
Danach: Business as usual
Ansonsten passierte, was zu erwarten war. Adele freute sich über Preise für den besten Song ("Easy On Me"), das beste Album ("30") und über den Sieg in der Königsklasse als "Best Artist". Lediglich als "Best Pop/R&B Act" musste sie sich Dua Lipa geschlagen geben.
Gewohnt großspurig inszenierte sich erneut Liam Gallagher. Der frühere Oasis-Sänger stellte seine neue, gemeinsam mit Dave Grohl komponierte Single "Everything's Electric" vor und flog mit dem Heli ein:
Die Gewinner*innen im Überblick:
Artist of the Year: Adele
Song of the Year: Adele, "Easy On Me"
Album of the Year: Adele, "30"
Songwriter of the Year: Ed Sheeran
Best New Artist: Little Simz
Rising Star: Holly Humberstone
Best Pop/R&B Act: Dua Lipa
Best Hip Hop/Grime/Rap Act: Dave
Best Alternative/Rock Act: Sam Fender
Best Dance Act: Becky Hill
Group of the Year: Wolf Alice
British Producer of the Year: Inflo
International Artist of the Year: Billie Eilish
International Song of the Year: Olivia Rodrigo, "Good 4 U"
International Group: Silk Sonic (Bruno Mars und Anderson .Paak)
5 Kommentare mit 20 Antworten
Kann mir mal einer kurz erklären, was für einen Sinn dieses zusammen tun von Männer und Frauenpreisen bringt? Außer natürlich, dass der Scheiß dann schneller vorbei ist.
die britawards benötigen offensichtlich dringend (d)eine professionelle medienberatung.
@jandau:
Na was denn ... die ganze Zeit regen sich Leute darüber auf, daß zu viel gegendert wird, und in dem Augenblick, da sich jemand überlegt "sollen wir vielleicht die Geschlechter in unseren Preiskategorien noch ein bißchen weiter auffächern oder wär's nicht vielleicht doch besser, der Musik mehr Platz einzuräumen als der Diskussion, was der einzelne Künstler in der Hose hat oder als was er sich identifiziert", isses auch schon wieder verkehrt ...
Gruß
Skywise
Der britische Guardian nahm es als Anreiz zur Messung, ob am Ende zahlenmäßig mehr Preise an Männer oder Frauen rausgehauen wurden, sooo...
"Kann mir mal einer kurz erklären, was für einen Sinn dieses zusammen tun von Männer und Frauenpreisen bringt?"
Welchen Sinn macht es denn, zwischen Mann und Frau zu trennen? In der Kunst ist diese Differenzierung im Gegensatz zum Sport doch vollkommen arbiträr.
Seit wann gibt es überhaupt zwei Geschlechter?
Lieber Skywise: Komisch normalerweise ist es den Frauen doch nicht Recht gewesen, sich direkt mit Männern zu messen. Oder warum trennen wir denn in anderen Kategorien auch. Außerdem hast du meine Frage nicht beantwortet sondern nur Vorurteile rausgehauen. Schreibst du immer so viel ohne so wenig zu sagen?
Pseudolge: Danke wenigstens einer der tatsächlich ne Antwort geben kann und nicht nur nen Beissreflex hat.
Ich meine, solange Sheeran darunter leidet ist mir das auch Recht.
Gleep also gibt es bei Musik keine körperlichen Unterschiede wie Stimmfarbe? Und was ist mit Musikvideos? Dürfen die dann auch nicht mehr bewertet werden, wenn Frauen ihre weiblichen Attribute zur Schau stellen?
@jandau:
Es ist den Frauen dann nicht Recht gewesen, sich direkt mit Männern zu messen, wenn es dafür gute Gründe gab, meint: körperliche Unterschiede, die dem einen Geschlecht einen Vorteil gegenüber dem anderen verpassen. Bei Musik sind abstrakt betrachtet solche Sachen aber eigentlich nicht einschlägig. Ob ein Lied besonders gut funktioniert, ist nicht davon abhängig, ob der verursachende Mensch traditionell auf dem Mädchen- oder auf dem Jungs-Lokus verschwindet. Ich meine - wenn ich mir solche Sachen wie etwa den Eurovision Song Contest anschaue, der von Haus aus auch immer ein inkludierender Wettbewerb war, was sich ja auch an den meist schillernden Gestalten zeigt, die abseits von Geschlechterstereotypen seinen Favoriten zujubelt, ...
Ich habe keine Vorurteile rausgehauen. Hier 'ne Linie auf den Boden, da reihen wir alle Menschen auf der Welt auf. Am Ende links steht der maskulinste Mann des Planeten, am Ende rechts die femininste Frau, das bißchen Rest der Menschheit sorteren wir dazwischen ein. Ich behaupte, daß es keine unbelegte Stelle auf dieser Linie geben wird. Wenn immer mehr Leute auf die Idee kommen, sich für ihren Teilabschnitt auf dieser Linie eine eigene Definition inklusive Deklination einfallen zu lassen, dann kann man das entweder ignorieren oder man muß drüber nachdenken, a) weitere Kategorien zu schaffen ... oder b) auf die bisherigen Unterteilungen einen Haufen zu setzen und zu sagen "Ab jetzt bewerten wir nicht mehr den linken und den rechten Teil der Linie getrennt, sondern alle zusammen, ehe wir jemanden ausgrenzen". Wenn es keine weiteren Gründe gibt, die für die Trennung der Geschlechter sprechen, keine verkehrte Entscheidung.
Gruß
Skywise
Ich habe nach einem Sinn gefragt und du meintest ich bin jemand, der das andere gefordert hat und man es nicht Recht machen kann. Wo sind das keine Vorurteile? Und mal wieder schreibst du ziemlich viel ohne wirklich auf den Punkt zu kommen. Und wer genau hat sich denn beschwert? Du behauptest, es wären immer mehr, also wer bitte beschwert sich, dass es zwei Kategorien gibt? Schmälert es den Erfolg von Adele weil es neben ihr noch einen männlichen besten Interpreten gibt?
@jandau:
Wo habe ich gemeint, Du hättest das Andere gefordert? Du darfst mich gerne zitieren.
Und was den Rest angeht: auf irgendwelche Diskussionen mit augenscheinlichen Schmalspur-Flitzpiepen habe ich gerade keine Lust. Ausdrücklich: ich sage nicht, daß Du eine bist.
Gruß
Skywise
"Gleep also gibt es bei Musik keine körperlichen Unterschiede wie Stimmfarbe?"
Natürlich gibt es die. Nur sind die halt für das Endprodukt ziemlich irrelevant/untergeordnet. Wenn wir Kategorien wie "Stimmfarbe" aufmachen, warum dann z.B. nicht auch danach ob jemand Streicher oder Synthesizer benutzt oder ein Drumkit oder einen Computer? Warum sollte "Stimmfarbe" als Kategorie irgendwie relevanter sein als irgendetwas davon? Es ist halt nur ein Klangelement von vielen und wenn wir solche untergeordneten Dinge beschten wollten, bräuchten wir 10000 Kategorien.
"Und was ist mit Musikvideos? Dürfen die dann auch nicht mehr bewertet werden, wenn Frauen ihre weiblichen Attribute zur Schau stellen?"
Wer hat denn irgendwo irgendetwas von nicht mehr bewerten dürfen geschrieben? Verstehe ersthaft nicht, wie du meinst, du hättest hier tatsächlich irgendeine Form von Argument.
"Schmälert es den Erfolg von Adele weil es neben ihr noch einen männlichen besten Interpreten gibt?"
Ähmm, ja? Wenn es getrennte Kategorien gibt, könnte eine Adele nie behaupten, dass sie die Beste ist (mal unabhängig davon, ob sie das auch ist), weil nicht wirklich klar ist, ob sie jetzt besser oder schlechter ist als ihr männlicher Pendant. Gibt es nur eine Kategorie erledigt sich die Frage und sie muss sich den Ruhm mit Niemandem/weniger Leuten teilen, ihr Erfolg wird also nicht geschmälert.
Mal abgesehen davon, dass ich so Preisverleihungs- und "De Beste"-Geaffe persönlich ziemlich albern finde, aber deine Argumente gehen halt einfach nicht auf.
Du diskutierst ja auch mit Sancho.
Na ja, dass der Guardian online trotz zwischenzeitlicher Nutzung des gesamten sichtbaren Farbspektrums für das Illustrieren seiner Artikel jetzt zum Thema Gender Wars trotzdem bloß wieder zwei Kategorien einrichten und beobachten würde kam auch nicht unbedingt als alles weltbildlich zertrümmernde Überraschung bei mir an, @wiesli.
Könntest du vielleicht endlich mal aufhören als einziger auf diesem gottverdammten Planeten "Naja" auseinander zuschreiben? Was fällt dir eigentlich ein? Wer hat dich so geschädigt? Haha, jetzt sehe ich erst, dass der Kommentar an mich gerichtet war
Die Parallelen zu Kendrick werden auch bei Little Simz immer deutlicher, denn wo gleichzeitig auf musikalischer Ebene eine gesellschaftskritische Basis gegeben ist, tätigt sie gleichzeitig Aussagen, die neoliberale Märchen reproduzieren und ein System positiv darstellen, welches die Probleme, über die sie rappt, gerade erst erschaffen hat.
Finde ich eine arg strenge Lesart. Das Gefühl von Selbstwirksamkeit gerade bei denen zu stärken, denen im Alltag eher das Gegenteil gespiegelt wird, lässt ja erstmal offen, ob diese Wirksamkeit sich wegen oder trotz systematischer Umstände entfalten kann. Der Blick auf die lyrics legt dann ja auch eher letzteres nahe. Und mMn wäre mit „Lasst alle Hoffnung fahren, denn das System ist nachweislich sozial so undurchlässig angelegt, dass der Großteil von euch unabhängig von euren jeweiligen Talenten sein Leben lang im gleichen Struggle festhängen wird, wie eure Eltern vor und eure Kinder nach euch“ halt auch niemandem gedient.
Dem kann ich nur erwidern, dass man ein vom Ursprung her schon ungerechtes und eher auf Glück basierendes System nicht verändern kann, wenn man es reproduziert und sich selbst - als die Ausnahme, die man ist, wohlgemerkt - hin zu einer Norm stilisiert.
Und wenn man in der Musikindustrie arbeitet bzw. mit Leuten zutun hat, die dort Fuß fassen wollen, merkt man auch hierzulande allein schon bei den Leuten die privilegierter sind, also Bands mit weißen Männern z. B. dass da der Durchbruch in irgendeiner Form zu 98% Prozent ausbleibt. Die Chance ist wahrscheinlich bei anderen Ethnien wesentlich geringer.
In der Psychologie nennt man dieses Phänomen Survivorship Bias, weil man aufgrund der erfolgreichen Fälle, die wir tagtäglich in den Medien sehen davon ausgehen, dass ein solcher Erfolg generell möglich ist. Es gibt aber tausende Künstler mit einem ähnlichen Talent, die einfach Pech hatten, bisher nicht zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen zu sein. Und es wahrscheinlich niemals werden.
Wenn Little Simz also sagt, dass es jeder allein mit Mühe schaffen kann, ist es einfach faktisch irgendwo falsch. Und das, was du sagst, trifft halt auch zu 99% zu. Anstatt das Märchen vom guten Kapitalismus immer wieder zu wiederholen wäre vielleicht ein Realitätscheck angesagt. Aber das wäre wahrscheinlich für viele Künstler-Egos hart zu verkraften, dass ihr Erfolg im Mindestfall genauso viel auf Glück wie auf Talent beruht.
Da steht "außergewöhnliches vollbringen kann" und damit ist deine ganze Aussage hier hinfällig, denn das damit (wirtschaftlicher) Erfolg gemeint ist, ist nur eine Unterstellung deinerseits.
Nach weit über 10 Jahren im Business ein Newcomer-Preis.. Muss man sich auch mal klar machen.. Album des Jahres oder Artist of the Year wären da wohl angemessener gewesen, anstatt diese Preise der unfassbar langweiligen Adele in den Allerwertesten zu pusten.
uiii, du bist aber lange dabei ...
Dass hier noch kein Album von Sam Fender rezensiert wurde, kann ich nicht nachvollziehen.
Dieser Kommentar wurde wegen eines Verstoßes gegen die Hausordnung durch einen laut.de-Moderator entfernt.