Der Streit um eine Liedzeile über Homosexualität zeigt, wie verkrampft Deutschland noch immer mit dem Thema umgeht.
Berlin (dok) - Sarah Connors erste Auskopplung aus ihrem neuen Album "Herz Kraft Werke", "Vincent", schlägt derzeit hohe Wellen.
Stein des Anstoßes: Inhaltlich geht es in dem bereits auf dem ersten Platz der iTunes-Charts stehenden Song um einen Jungen, der sich seiner Homosexualität bewusst wird und sein Coming-Out hat. Speziell die als sexistisch und diskriminierend interpretierbare erste Zeile des Liedtexts stößt auf: "Vincent kriegt keinen hoch, wenn er an Mädchen denkt". Einige Radiosender reagierten mit der Zensur des Wortes "hoch" oder blendeten die Zeile komplett aus.
Die Protagonistin reagierte mittlerweile auf die Vorwürfe: "'Vincent' ist für eine ganze Generation von Jungs, die eben Schwierigkeiten haben, zu sich selbst zu stehen, und die ein bisschen Mut brauchen, ein bisschen Kraft", sagte Connor gegenüber hr3.
"Nicht zumutbar"
Die Einschätzung in der Radiolandschaft, ob der Song boykottiert werden sollte, ist dabei durchaus unterschiedlich.
So sagte Ina Tenz, Programmdirektorin und Jugendschutzbeauftragte bei Antenne-Bayern der dpa: Die erste Zeile gehört nicht on air bei Antenne Bayern". Gleichwohl betonte sie, der Song sei großartig, und der Sender unterstütze jegliches Bestreben, Toleranz anzustoßen: "Kleinkindern ist diese Textzeile aber nicht zumutbar". Auf dem WDR-Jugendsender 1Live findet Connors Song ebenfalls nicht statt, allerdings aus Gründen musikalischer Differenzen zum sonstigen Profil des Senders, heißt es.
"Sehr mutig"
Bayern-3-Programmchef Thomas Linke-Weiser sieht die Sache hingegen anders: "Wir finden den Song musikalisch toll und textlich sehr mutig, und deswegen läuft er regelmäßig in Bayern 3". Von Hörerseite habe es bisher auch keine Beschwerden gegeben. Die beiden RBB-Sender Antenne Brandenburg und RB 88.8 spielen "Vincent" ebenfalls ohne Einschränkungen.
Erstmals hatte die Bild-Zeitung über das Thema berichtet: Obwohl der in Potsdam-Babelsberg beheimatete Kinder- und Familiensender Radio Teddy Sarah Connor als "Deine Lieblingsmusikerin" vorstelle und ihr neues Album bewerbe, sei "Vincent" komplett aus dem Programm genommen worden.
Dass die Gesangsmelodie der kontrovers diskutierten Textzeile vom Hosen-Song "Alles Aus Liebe" inspiriert sein könnte, interessiert derweil keinen.
9 Kommentare mit 10 Antworten
"Kleinkindern ist diese Textzeile aber nicht zumutbar"
Wat? Die verstehen das doch sowieso nicht.
Aber die sing‘n des doch nach lol
And my name is Bobby Brown
watch me now, i'm going down
Fantastische Referenz. Das läuft seit Ewigkeiten im Formatradio und keiner stört sich daran.
Dass der mediale und gesellschaftliche Umgang mit Homosexualität problematisch ist - geschenkt. Aber dieses Beispiel als Beleg dafür ins Feld zu führen halte ich für absoluten Schwachsinn. Es zeigt den verkrampften Umgang mit Sexualität an sich, mehr nicht, das lässt sich doch auch an den Statements der Sender ablesen.
Da bin ich ganz beim Affen.
Soll sie doch auf Englisch singen...
Girl I want to make you sweat
Sweat 'til you can't sweat no more
And if you cry out I'm gonna push it some more
Girl I want to make you sweat
Sweat 'til you can't sweat no more
And if you cry out I'm gonna push it
Push it push it some more
Sorry, aber bei Antenne Bayern halte ich die Begründung für komplett vorgeschoben. Die Textzeile passt einfach nicht ins konservative 50er Jahre Axel-Springer-Weltbild. Antenne Bayern hat ja auch durchaus eine Vergangenheit mit dem Zensieren unliebsamer Textzeilen, siehe die Geschichte damals mit Farin Urlaubs Anti-Bild-Zeile in „Lasse reden“.
antenne bayern hörer wissen allerdings auch nicht, was not fair ist, weil ihnen vorenthalten wird, womit lily allen ages gespendet hat...
Der Anfang ist halt „Alles aus Liebe“ von den Hosen ¯\_(ツ)_/¯
Bei mir am Institut gibt's so manchen Kurs, in dem das Video
wegen Cultural Appropriation zerrissen werden würde. Überdies, dass Sarah Connor hier explizit der Black Community Homophobie unterstellt und den Schwarzen in einem Versuch götterhaften Weißseins zu whitespainen versucht, wieso das doch eigentlich alles ganz falsch ist.
(Ich meide solche Kurse, komme aber nicht umhin, irgendwo auch den Funken Wahrheit darin zu registrieren)
So etwas wie Cultural Appropriation existiert nicht.
Hört, hört.