laut.de-Kritik
Wer braucht da bitte noch Adam Green?
Review von Michael SchuhBislang dachte man ja, der einzige Musiker, der sein Album rechtmäßig "The Art Of Hanging Out" betiteln darf, muss einen dicken Schnauzbart sein Eigen nennen und auf den Namen Brant Bjork hören. Umdenken. Denn hier kommt ein Mann, dem die Erlaubnis nun ebenfalls rechtmäßig erteilt wird, und der sich nebenbei auch ohne Rotzbremse schön fühlt: Nice Man.
Vor allem aber verbirgt sich hinter dem Pseudonym Francis MacDonald ein Mann, der als Gründungsmitglied von Teenage Fanclub sämtliche Gebrauchsanweisungen für den perfekten Indie-Popsong nicht nur studiert, sondern selbst mit verfasst hat. Wer das grandiose Debütalbum "Sauchiehall & Hope (A Pop Opera)" von 2002 im Veröffentlichungstrubel übersah (und das dürften die meisten gewesen sein), der lausche nun zunächst seinem meisterlichen neuen Output und besorge sich als Nachschlag den Erstling.
Fakt ist nämlich, dass das mit Unterstützung seiner Begleitband The Bad Boys entstandene "The Art Of Hanging Out" erneut ein großartiges Gitarrenpopalbum ist, wenngleich kleinere stilistische Veränderungen zu verzeichnen sind. Wilderte der Schotte vor drei Jahren noch maßgeblich in einem Feld, auf das die Lemonheads in den 90ern Hoheitsansprüche stellten, darf nun auch mal heftigst rückgekoppelt oder ein zartes Piano-Instrumental eingestreut werden.
Unverändert ist zum Glück Nice Mans geradezu verschwenderischer Umgang mit Hit-Melodien geblieben, die er vom fünfeinhalbminütigen Opener "Forever Is A Long Time Without You" an auf den Hörer loslässt. Die vielleicht stärkste Nice Man-Komposition lebt vom Kontrast der weichen Stimme MacDonalds zur ungewohnt straight gespielten Rockgitarre. Geblieben sind auch Zitate, die von den allgegenwärtigen Teenage Fanclub über den ironischen Geschichtenerzähler Jonathan Richman bis hin zu den Beach Boys reichen. Kurz: ein Power Pop-Manifest.
Ob "One Minute Of Your Time", das nach vierzig Sekunden ins zackige "Punk Rock Girl" übergeht, die herrliche Akustiknummer "Rain Rain Rain", "Cayo" oder "Cheeky Love"; MacDonald spart an so gut wie keiner Stelle mit Musterbeispielen harmonischen Gitarren-Pops und verhindert im Gegensatz zu Adam Green durch variationsreiches Songwriting das Selbstplagiat.
Vertrieb sich der Glaswegian auf dem Vorgänger noch die Zeit mit "daydreamin' about girls that I can't have", so weiß er nun: "Love Is A Game For Two To Play". In dem mit schickem Chuck Berry-Gitarrensolo angereicherten Song bringt er es auf den Punkt: "Love is a game and games can be fun". Was sonst noch alles Spaß macht, es findet sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf "The Art Of Hanging Out".
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