laut.de-Kritik

Die "Mother Of Punk" macht jetzt Musik für verdammt alte Leute.

Review von

Erst kürzlich hat die Berlinerin ja bemängelt, dass sie in Deutschland nicht so geschätzt werde, wie sie es verdient habe und wie es Amerika den Deutschen vormache. Da schau'n wir doch gleich mal, ob die hier vorliegende neue Platte die große Klappe rechtfertigt.

Zum zweiten Mal versucht sich Nina Hagen hier an Klassikern aus dem Swing- und Jazz/Big Band-Bereich, und das hat schon mal den Vorteil, dass keine eigenen Texte drohen. Schließlich hängt die Skepsis der Deutschen der "Mother Of Punk" gegenüber gewiss auch damit zusammen, dass sie sich mit UFO-Glauben und anderen Fantastereien schon früh selbst ins weltanschauliche Abseits stellte.

So ist hier also nicht das lyrische oder musikalische Material selbst zu bewerten, sondern die Auswahl der Titel, die vorwiegend aus den 20er und 30er Jahren stammen, und Interpretation derselben. Und dass ihr stimmlich keine andere deutsche Sängerin das Wasser reichen kann, hat die Hagen schließlich schon oft bewiesen. Zumindest keine aktuelle, und so misst Nina sich also an den Größen der Vergangenheit, an Zarah Leander, Ella Fitzgerald und Hildegard Knef.

Mit "Irgendwo Auf Der Welt", im Original von Zarah Leander, gehts eben so ernst wie melancholisch los. Dabei könnte die Sängerin sich ruhig etwas mehr zurücknehmen und das 'R' ein bisschen weniger aufdringlich rollen. Nach zwei weniger wagemutigen Ausflügen in die amerikanische Jazz-Historie kommt mit "Yes Sir" gleich noch mal die Leander dran, und wieder rrrollt Nina wie verrrückt das 'R' und dehnt manche Vokale über das erträgliche Maß hinaus.

Im ehedem von Rosita Serrano eingesungenen "Roter Mohn" kickst die Hagen rum wie ein kleines Gör, was die schöne Stimmung dann doch ziemlich stört. Da kommt ihr ein Stück wie "Bei Mir Bist Du Schön" (The Andrew Sisters) mit seinem fröhlichen Vorwärtsdrang schon mehr entgegen. Dabei zeigt etwa Ella Fitzgeralds "Day In, Day Out", dass sie bei dem enormen Spektrum an Klangfarben und Stimmungslagen, die ihr jederzeit zur Verfügung stehen, solche Eskapaden kaum nötig hätte.

Bei all dem zeigt sich zwar das begleitende Capital Dance Orchestra jederzeit bestens aufgelegt. Trotzdem fragt man sich, wie Nina Hagen sich mit einer solchen Platte wieder ins Gespräch bringen will. Denn bei allem Respekt: das ist Musik für verdammt alte Leute. (Ich darf das sagen, denn ich bin selber alt.)

Trackliste

  1. 1. Irgendwo Auf Der Welt
  2. 2. Deep In A Dream
  3. 3. Serenade In Blue
  4. 4. Flat Foot Floogie
  5. 5. Yes, Sir
  6. 6. An Einem Tag Im Frühling
  7. 7. Halli, Halloh
  8. 8. Summertime
  9. 9. Somewhere Over The Rainbow
  10. 10. But Not For Me
  11. 11. And The Angels Sing
  12. 12. Der Wind hat mir ein Lied erzählt
  13. 13. Roter Mohn
  14. 14. Day In - Day Out
  15. 15. Means That You're Grand (Bei Mir Bist Du Scheen)
  16. 16. Happiness
  17. 17. Für Mich Soll's Rote Rosen Regnen

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