laut.de-Kritik

Die Rolle rückwärts als echte Überraschung.

Review von

Sind das wirklich Of Mice & Men, die da beinahe thrashig drauf los prügeln? Tatsache. Einigermaßen rabiat reißt einen "Earth & Sky" vom Start weg aus den Erwartungen an stadiontauglichen Metalcore. Nix mit verhaltener Härte im Schatten hymnischer Melodien.

Dass die Kalifornier in puncto Wucht noch einen drauf setzen, war nicht abzusehen. Nach dem Ausstieg von Carlile Austin und mit Aaron Pauley als neue starke Gesangsstimme in ihren Reihen, schien der letzte Schritt weg vom Metalcore nur eine Frage der Zeit zu sein. Das Faible für den eingängigen Refrain im rockigen Gewand kündigte sich schon auf "Defy" an.

Die Rolle rückwärts, hin zur wüsten Gangart entpuppt sich als echte Überraschung. Ein paar orientalische Klänge, ein wütend aufstampfender Prolog, dann rumst es auch schon, als wolle man Thy Art Is Murder mit Korn kreuzen. "Gravedancer" ist der Dosenöffner für über 40 Minuten Vollgas, ohne Schnörkel, ohne Kitsch.

"As We Suffocate" hält das Tempo hoch, erweitert das Songwriting aber um eine Facette, die stilprägender zu erwarten war: den Gesang. Clean-Vocals schüttelt Pauley mit schlafwandlerischer Sicherheit aus dem Ärmel. Doch spätestens nach dieser Platte besteht kein Zweifel mehr daran, dass der Bassist auch ganz böse austeilen kann. Im Klargesang markant, nie theatralisch und in der Aggression druckvoll, aber nie überambitioniert.

An dieser Stelle gebührt jedoch allen voran Josh Wilbur ein fettes Kompliment. Der zeichnet nämlich an den Reglern für diesen bombastischen Sound verantwortlich. Vom Schlagzeug über die bratenden Klampfen bis hin zu den Shouts kommt der Mix des sechsten Studioalbums unverschämt knackig daher. Wer skeptisch ist, lauscht dem Einstieg zum Titeltrack.

In Kombination sind es die starke Produktion und Pauleys Spektrum, die nie wirklich enttäuschen. "Linger", "Deceiver/Deceived" oder "Meltdown" sind starke Songs, auch jenseits der Genre-Schublade. Aber eben nicht mehr. Dafür fehlt es an Wiedererkennungswert und Dynamik.

Angesichts der härteren Ausrichtung überwiegt beim ersten Hören der Wow-Effekt. Am Ende steht ein Metalcore-Album, das Genre-Fans kurzfristig mitreißt, Metalheads neugierig macht, letztlich aber zu wenige Erinnerungen schafft. So fällt das loslassen leicht.

Trackliste

  1. 1. Gravedancer
  2. 2. As We Suffocate
  3. 3. Taste Of Regret
  4. 4. Mushroom Cloud
  5. 5. Pieces
  6. 6. Deceiver/Deceived
  7. 7. Earth & Sky
  8. 8. The Mountain
  9. 9. Meltdown
  10. 10. Linger
  11. 11. How To Survive

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