laut.de-Kritik
Heartbeat-Bassdrums statt Folk-Realness.
Review von Julian VölkerAchtung! Falle! Die Vorabsingle "Alligator" ließ darauf schließen, dass sich Of Monsters And Men weiter im verträumten Folkrock bewegen. Doch "Fever Dream" ist anders - und es gab Vorwarnungen: "Ich weiß, dass manche Menschen die Platte nicht mögen werden. Sie ist anders, und Menschen mögen keine Veränderung. Aber das ist okay", sagte Sängerin Nanna Bryndís Hilmarsdóttir. Nach vier Jahren Pause versucht sie sich an einer neuen Art des Songwritings. Eines sei vorweggenommen: Ein Hit fehlt diesmal.
Mit Ausnahme des Openers sowie des Poprockers "Vulture, Vulture" kristallisiert sich ein deutlicher Stilwechsel heraus. E-Drums, Keys und Samples sind nun angesagt. Überhaupt klingt die Musik ruhiger, wirkt dabei aber nicht reifer, sondern eher langweiliger. Das alte Erfolgsrezept - verträumte Texte, einprägsame Melodien, unterlegt von drei Akkorden - bleibt bestehen, aber er musikalische Rahmen ändert sich jedoch komplett.
Zwar balanciert die Band nach wie vor auf dem schmalen Grat des Pops: das wilde Lagerfeuerfeeling auf der einen und als Gegengewicht eingängige Akkorde mit unverfänglichen Texten auf der anderen Seite. Doch ohne besagte wilde Naivität versuchen die Musiker nun dieses Gleichgewicht mittels unorthodoxen Samples und Elektrobeats herzustellen.
"Wild Roses", "Róróró" und "Sleepwalker" sind Beispiele dafür, was passiert, wenn dies nicht gelingt: Langeweile - keine einprägsame Hook, keine kreative Ausarbeitung des Arrangements. Exemplarisch auch "Ahay", dessen Strophen verdächtigt an die neueren Werke von Mumford & Sons erinnert.
Of Monsters And Men scheinen die Suche nach dem Ohrwurm aufgegeben zu haben: Eher belanglose Gesangsmelodien werden in minimalistische, von Keyboard und E-Drums dominierte Soundkulissen gefasst ("Waiting For The Snow"). Zuweilen sorgen die elektronischen Einflüsse gar für Chartballaden im Stile der Chainsmokers ("Stuck In Gravity").
Um fair zu bleiben: "Fever Dream" hält auch positive Ausnahmen bereit. Und zwar immer dann, wenn etwas Unerwartetes passiert. Sei es der eingängige Kopfnicker-Rock-Refrain in "Alligator", der Dance-Beat in "Wars" oder der langatmige Songaufbau von "Under A Dome", der sich fast ein bisschen nach Massive Attack anhört.
Of Monsters And Men beschreiten mit "Fever Dream" einen anderen Weg. Dafür gestalten sie in erster Linie ihr Sounddesign um: Heartbeat-Bassdrums statt Folk-Realness, Keys anstelle gedoppelter Lagerfeuergitarren. Aber gut möglich, dass die jungen Isländer mehr als ein Album benötigen, um sich neu zu sortieren.
4 Kommentare
Hmm ja, sehr abgeschmackt das alles. Schwache 3/5, aber Stuck in Gravity ist schon ne ziemliche Zumutung.
Für mich eher solide 3 von 5 - wobei ich die Vorgänger-Alben auch nicht sonderlich toll fand.
Ich muss den Schnitt nach oben korrigieren. Von mir bekommt das Album gute 4 Sterne. Ich finde die Melodien sehr gelungen, die Drums haben ordentlich Punch, die Keyboardsprengsel wirken sehr athmosphärisch, der Gesang ist leidenschaftlich. Ich halte "Stuck in Gravity" auch für den schwächsten Track auf dem Album. Aber mehr Kritikpunkte finde ich nicht.
Kann man so machen