laut.de-Kritik
Der Aschaffenburger Südstaatler outet sich als "Pornostar".
Review von Stefan Johannesberg"Neu und Neu und Neu und Neu und Fresh." Wahrlich keine Untertreibung, die Olli Banjo einem im Hook des Openers entgegen rappt. Sein wasserdichter Flow mit reimender Betonung auf den Wortanfängen: neu und frisch. Seine ironisch doppelbödigen Geschichten: neu und frisch. Die überladen bouncenden Elektro-Beats von Produzent Roe Beardie: neu und frisch. Ollis Vielfalt an Charakteren: neu und frisch.
Der Aschaffenburger Südstaatler und Neu-Kölner schlüpft schlüpfrig in die Rolle des verhinderten "Pornostars", outet sich als "Sexist", den keiner kennt, läuft in seinen Fantasien sexbesessen "Amok" und schaut den Ladies als "Arsch"-Fetischist auf den Allerwertesten. Völlig out of orbit erzählt er bei "Scheiße und Pervers" im dreckig ironischen Kassierer-Style (Remember "Blumenkohl am Glied") einen irrwitzigen Plot, der die konservative Swingerclub-Kultur auf die Schippe nimmt.
Doch Ollis nachdenkliche Seite löst die Triebuntersuchung immer wieder ab. In "Deutschland, Deutschland" mimt er humorvoll den Führer, der die (Hip Hop-)Massen verführt. Im selben Track fungiert Olli zudem als arafatfreundlicher Ausländerschläfer, während er im superb-souligen, vorletzten Song als gläubiger Jünger "Jesu" dem Sohn Gottes gedenkt. Extrem intelligent und originell wandert Olli dagegen als personifizierter "Aids"-Virus durch gleichnamiges Lied, indem er von Mensch zu Mensch springt.
Wer sich sozialkritisch so sehr verausgabt, braucht "Urlaub", ganz klar. Mit DCS-Mitglied Schivv und sommerlichen Reggae-Breaks erläutert er zynisch seine spannenden Ferienerlebnisse. Oder der gestresste Künstler greift zu "Toastbrot" und begibt sich auf Reise ins Land der Drogen. Abgedreht, aber kritisch beleuchtet Banjo die Bewusstseinsänderung, die verstärkt durch seltsame Synthie-Ebenen in völligen lyrischen Wahnsinn ausartet.
Neu und fresh eben. Die alten und modrigen Styles müssen dagegen mit einer ordentlichen Abfuhr rechnen, obwohl Olli keine Namen nennt. So verarscht er im Intro "Olli Und Roe Treffen Rap" verkrampftes Underground-Denken und Toni L'sche Old School-Aufgüsse. "Ich flex fresh, weil es gibt zu viel Faschisten, und ich scheiß auf Rap-Traditionen wie Sex Pistols", kratzt seine Einstellung an Hip Hop-Dogmen. Wunderheiler Olli Banjo bietet halt "Erste Hilfe, weil er's Texten liebt." Sein eigentliches Synonym lautet eh "Emcee-Lego, denn er nimmt dich auseinander und setzt dich neu zusammen."
1 Kommentar
Sehr gute Platte mit vielen Ideen.Scheisse und Pervers eindeutig der Höhepunkt, wobei Sexist mein Lieblingstrack ist, dessen Message ich bis heute nicht eineutig deuten konnte.