laut.de-Kritik
Gefangen im Käfig der Gefühle.
Review von Lukas RauerWer schon mit "Ballonherz" nichts mehr anfangen konnte, wird es mit "Oh Wow" schwer haben. Olsons Hang zum nachdenklichen Pop-Rap ist nämlich ungebrochen. Er hat diesen Style sogar noch ausgebaut.
Während der Vorgänger vielen zu melodramatisch war, wird der Gebrauch von Autotune auf "Oh Wow" nicht unbedingt dazu führen, dass er sich eine unvoreingenommene Hörerschaft erschließt. Wer sich auf ein Comeback von Olson Rough gefreut hat, wird ohnehin enttäuscht. Wie seine Community diese feinen, aber doch prägnanten Veränderungen langfristig bewerten wird? Wir dürfen gespannt sein.
Gelungen ist, wie schon auf "Ballonherz", die thematische Gestaltung des Albums. Up und Downs im Leben ("Phasen"), das Gefühl von Geborgenheit ("Bei dir") oder die Kritik an der Belanglosigkeit der Rapszene sowie seine Depressionen ("Oh Wow") sind nur einige der hier behandelten Themen. Überzeugen tut auch "High", das mich, ähnlich wie "Flugmodus" seinerzeit, sofort abgeholt hat und dem Album einen feierbaren Anspieler schenkt. Weil Olson seine Lyrics immer noch autobiographisch gestaltet, sind sie greifbar und wirken nur selten plattitüdenhaft. Das ändert jedoch nichts daran, dass sie zuweilen kitschig bleiben. Zwischenzeitlich verliert Olson sich einfach in Phrasen. Wenn er von ihnen Abstand nimmt, blitzt sein Können direkt auf: "Hab' über Bord geworfen, was vorgenommen im neuen Jahr / Tanz' bis zur Morgensonne in vollem Kopfe den Teufel an / Flieg' Richtung Horizont und stoß' meinen Kopf an den Leuchtreklamen."
Leider sind gerade die Nummern, die ich richtig gut finde, deutlich zu kurz. Konkret spreche ich von "Apollo" und "Safe". Auch "Nakla" zählt zu den Songs, die in voller Länge deutlich mehr Spaß gemacht hätten. Dass Olson sich hierbei stilistisch etwas gedacht hat, steht außer Frage - schade bleibt es allemal. Trotz ihrer Kürze lässt er nämlich seine Spielereien mit dem Gesang und den Stimmlagen einfließen. Wie groß hätte zum Beispiel "Safe" bitte werden können, wenn es nicht so kurz geraten wäre? "Ich gehe mit dir, wohin du gehst. Bis ans Ende, wenn du willst."
Es gibt keine Features auf "Oh Wow" und keine Fremdproduktionen; eigentlich sind überhaupt keine Fremdeinflüsse erkennbar. Damit reiht Olson sich in eine überschaubare Riege von Künstlern ein, die fast ausschließlich selbst für ihren Sound verantwortlich sind.
"Oh Wow" macht es mir leider dennoch nicht einfach, es komplett zu feiern. Einen Tick weniger Pop und einen Hauch mehr Rough hätten dem Album gut getan. So bleibt ein in Ansätzen überzeugendes Hörerlebnis, das zeitweise in seinen Bann zieht, zwischendurch aber auch mal in den Leerlauf schaltet. Im Vergleich zum Vorgänger wirkt es weniger ausgetüftelt und lässt das Gefühl eines auditiven Films missen. Als Lebenszeichen funktioniert die Platte trotzdem.
1 Kommentar mit einer Antwort
ziemlich starke platte mit sehr kohärentem klangbild, minimalistisch, erfrischend. Sehr gut durchhörbar. Hat nur gefühlt niemanden interessiert.
Highlights: oh wow, ok fein, apollo, schon gut
4/5