laut.de-Kritik
Southern Rock mit Pink Floyd-Vibe, und das aus Norwegen!
Review von Manuel Berger"Ich dachte, Norwegen wäre nur gut für Metal", steht unter einem YouTube-Video der Band zu lesen. "Aber das hier ist fantastisch!" Ja, man glaubt es kaum, aber Skandinavien kann tatsächlich mehr als Corpsepaint und Kirchenverbrennung.
Zum Beispiel Southern Rock. Das nämlich fabrizieren Orango hier auf ihrem fünften Album "Battles", grob gesagt. Inklusive allem, das dazugehört. In "Mr. Johnson's Dusty Trail" fehlt nicht einmal die Mundharmonika. Im selben Track gibts auch noch ein klimperndes Saloon-Piano zu hören.
Der Blues dringt aus allen Poren, auch Hardrock-Elemente plus entsprechende Patenschaften finden sich. Zum Beispiel eine Deep Purple-Orgel in "Cajun Queen" oder "Rest In The Nest". Vor allem vocaltechnisch driftet letzteres zudem in Richtung Jethro Tull.
Überhaupt ist Helge Bredeli Kanck, der Mann an Mikro und Gitarre, ein Phänomen. Mal klingt er nach John Hiatt, dann nach Bonamassa, Kid Rock oder eben Ian Anderson. Ein wenig Dan Auerbach blitzt stellenweise auch noch durch, und in "The Wooden Hymn" sogar Roger Waters.
Bis dahin bot "Battles" zwar grundsolide und coole Unterhaltung, dieser letzte Song hievt jedoch das ganze Album auf das nächsthöhere Level. Bisher war alles oberer Durchschnitt, jetzt wirds grandios. Der Pink Floyd-Vibe zieht sich durch das ganze achtminütige Stück, das als Akustikballade mit mehrstimmigem Gesang beginnt und sich schließlich für ein ausgedehntes Outrosolo öffnet. Mit "The Wooden Hymn" kommen Orango einem perfekten Albumende tatsächlich sehr nahe.
Abgesehen von diesem Höhepunkt spielt sich allerdings alles im griffigen Drei- bis Vierminutenbereich ab. Die Norweger sorgen für Abwechslung und schmieden dabei auch einige Hits. Während "Sounds Like A Maraca" eher zur sommerlich lockeren Tanzeinlage bittet, drückt "Diggin' For Praise" die Stadionhände nach oben. Erneut mit fetter Orgel und einem Refrain, den man schon nach dem ersten Hören im Ohr hat, lassen sich Orango hier nicht lumpen. Auch das Solo kann sich sehen lassen.
Erwähnenswert ist zudem "Mountain Mist". Als Intermezzo in der Mitte des Albums platziert, punktet der von zarten Folk-Steels getragene Song mit wunderschönen Vokalharmonien und gezieltem Drumeinsatz. Wenn ihr euch zukünftig Landschaftsaufnahmen von Norwegen anseht: Lasst das dazu laufen!
Dank lässigem Gitarrenriffing, großartiger Bandchemie, einem fantastischen Sänger, gekonnt abgestimmten ruhigen Momenten und dem tollen Finale braucht sich "Battles" im Plattenschrank nicht neben den alten Helden verstecken. Wie lange die Halbwertszeit der straighten, traditionellen Rocknummern letztendlich sein wird, bleibt abzuwarten. Um das herauszufinden lohnt sich die Anschaffung aber allemal.
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