laut.de-Kritik
Ein Weltenbummler, der an Nick Drake erinnert.
Review von Giuliano BenassiIn Tel Aviv aufgewachsen, in London Theater studiert, in New York mit Gelegenheitsjobs übers Wasser gehalten, in Berlin sein erstes Album aufgenommen. Für einen Dreißigjährigen hat Oren Lavie schon Einiges erlebt.
Sein Zugang zur Musik ergab sich eher aus der Not, da er in den USA nicht die Ruhe hatte, um an Theaterstücken zu schreiben. So entstanden die Lieder, die schließlich auf der vorliegenden CD landeten. Lavies Hang zum Eigenbrötlertum zeigt sich daran, dass er die Stücke nicht nur selbst geschrieben, sondern weitgehend in der eigenen Wohnung eingespielt und produziert hat.
Der letzte Schliff erfolgte dann in verschiedenen Studios. Leider, denn das Material ist in der ersten Hälfte des Albums doch stark überladen. Der Opener "Her Morning Elegance" weist dabei den Weg: Moog-Orgel, Keyboards, sanfte Perkussionen, Celli und eine raue, hohe, ruhige Stimme, mit einem Timbre, das dem Nick Drakes ähnelt, ohne aber dessen dunkle Seite zu besitzen.
Der Bezug zum verstorbenen englischen Songwriter zeigt sich im weiteren Verlauf immer wieder. Erinnert der erste Teil der CD an dessen Debüt "Five Leaves Left (1969), lehnt sich die zweite Hälfte eher an sein Abschiedswerk "Pink Moon" (1972) an: Stimme, Klavier, Akustikgitarre und kaum mehr. Das passt wesentlich besser zu Lavies einfachen, verträumten Melodien und nachdenklichen Texten. Lediglich das abschließende "Quarter Past Wonderful" fällt mit seiner Bossa Nova-Atmosphäre aus dem Muster – womit sich die Angabe "Unhidden Track" erklärt.
"The Opposite Side Of The Sea" ist ein Debütalbum, das trotz der teilweise barocken Arrangements entspannt klingt, ohne in seichte Gewässer zu geraten. Weniger wäre in diesem Fall mehr gewesen, aber Oren Lavie bleibt ja noch genügend Zeit, um auf Platte und auf der Bühne zu zeigen, was in ihm steckt.
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