laut.de-Kritik
Amerika-Pathos, ebenso perfekt wie düster.
Review von Marion GottschlingFür den Soundtrack zu "Gangs of New York" durchwühlten Regisseur Martin Scorsese und Robbie Robertson, der die CD zusammengestellt hat, ihre eigenen Plattensammlungen nach irischer Folkmusik. Dabei sind sie fündig geworden.
Der Soundtrack führt durch eine musikalische Welt- und Zeitreise: Von chinesischen Klängen über keltische Musik bis hin zu aktueller Popmusik. Jeder Song schafft es auf ganz eigene Weise, Filmszenen im Kopf des Hörers entstehen zu lassen.
Lieder wie "Shimmy She Wobble" (Othar Turner) wecken Vorstellungen eines Bandenkampfs im historischen New York, auch wenn man das düstere Epos nicht im Kino gesehen hast. Auch "Gospel Tram" hilft mit Querflöte und Trommeln, sich gut in die Welt der irischen Einwanderer einzufühlen.
Unter den zehn Oscar-Nominierungen von "Gangs Of New York" ist auch eine für den besten Titelsong. "The Hands That Built America" von U2 ist eine chartgerechte Popballade, die von Bonos charakteristischer Stimme lebt. Der kraftvolle Song mit Geigen und Klavier schließt den Film ab, indem sich New Yorks Skyline aus dem Slum-Elend erhebt. Perfekter Amerika-Pathos der irischen Band!
Auch Howard Shore - bekannt durch die Musik zu "Herr der Ringe" und "Sieben" - hat seine Hände im Spiel. "Brooklyn Heights 1-3" (Song 1, 11 und 18) umrahmen den Soundtrack mit klassischen und düsteren Stücken, die unglaublich dramatisch klingen.
Wirklich fröhlich wird es dann bei irischer Folklore wie "New York Girls" oder "Devil's Tapdance", bei der man irische Einwanderer mit einer Flasche Schnaps wild umhertanzen sieht. Die wirklichen Fundstücke sind vor allem die historischen Aufnahmen wie "Paddy's Lamentation" von Linda Thompson. Die Sängerin hört sich ziemlich genau wie Alainis Morissette an und singt vom Leid der Auswanderer.
Manchmal werden die Songs dann aber ein bisschen zu heavy. Fast zwei Minuten Hackbrett-Sound pur ("Morrison's Jig/ Liberty") eignet sich höchstens als filmische Untermalung. Trotzdem macht der Streifzug durch Scorseses Plattensammlung Laune, weil er nicht nur Mainstream-Musik ins Boot geholt hat.
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