laut.de-Kritik
Vom unfreiwilligen Dienst ist es nicht weit zum Blues.
Review von Oliver Lambrecht"Der Soundtrack meines Lebens" von Leander Haußmann ist nichts anderes als der Soundtrack zum Film "NVA" von eben diesem. So jedenfalls verläuft die Präsentation des Produkts. Der überzeugte Pazifist und Filmemacher, der auch schon in der "Sonnenallee" ein Gespür für musikalische Momente offenbarte, kam in der DDR nicht um den Armeedienst herum. Der dabei erlangte Erfahrungsschatz reicht nicht nur für einen Film, der Kim Frank eine neue Bühne bietet, sondern auch für eine Erzählung, die ausschließlich musikalisch funktioniert. Der Einstieg in den Soundtrack erfolgt mit dem einzigen Filmzitat:
"Sie kennen doch bestimmt einen schönen westlichen Schlager" - "Genosse Mischke, wir sind hier unter uns" - Gelächter.
Es folgen 16 westliche "Schlager" plus einem Vertreter aus der Zone. Renft spielt "Gänselieschen" auf. Die Band war zeitweise verboten, die Mitglieder haben rübergemacht oder saßen auch mal im Knast. Dass ausgerechnet diese Band Teil des Soundtracks ist, kommt also nicht von ungefähr. Der Rest ist vertonte Sehnsucht oder Geschichte. "Bad Moon Rising" von Creedence Clearwater Revival war mit leicht abgewandeltem Text die inoffizielle Hymne der Eingezogenen auf dem Weg zur Kaserne.
Vom unfreiwilligen Dienst ist es nicht weit zum Blues. Als Unterhalter für die einsamen Tage und Vertreter für die Sehnsucht nach draußen fiel die Wahl auf Canned Heat, Ten Years After (etwas rockiger) und Muddy Waters. Aber es war auch nicht alles schlecht. Der Chor um The Polyphonic Spree singt von "Light & Day". Euphorie entsteht. Die Kameradschaft fürs Leben oder ein Lebenszeichen der Liebsten verwandeln einen tristen Tag zum schönsten des bisherigen Lebens. Cat Stevens geht mit "Oh Very Young" noch einen Schritt weiter. Ihm folgen Singer/Songwriterinnen Melanie und Aimee Mann.
Heather Nova glänzt mit "Walk This World", und Element of Crime erhalten gleich zweimal den Zuschlag für den Soundtrack des Leander-Lebens. Auf "My Bonny Is Over The Ocean" und "It's All Over Now, Baby Blue" folgt ein Dialog des Regisseurs mit Sven Regener über Rock, Blues und Harp, der aber eine ähnliche Halbwertszeit hat wie ein gesprochener Text auf dem Tape für die Ex-Freundin. Ganz zum Schluss bläst Haußmann auf der Mundharmonika den Blues. Da das Ende des Soundtracks aber mit Titel 18 anzusiedeln ist, braucht das nicht weiter zu beunruhigen.
Insgesamt ist die Liedauswahl in sich sehr stimmig geraten. Der Spannungsbogen fesselt vom Anfang bis zum Ende. Um einen solchen, wenn auch recht melancholischen Soundtrack des Lebens darf man Haußmann durchaus beneiden.
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