laut.de-Kritik

Bitte um Ausbruch aus dem Kollektiv.

Review von

Animal Collective lebt wie eh und je, trotzdem findet Noah Lennox aka Panda Bear immer wieder Zeit für Soloveröffentlichungen. Dieses Mal nennt er das Werk "Sinister Grift". "Verkopft" trifft seinen qualitativ in Band wie solo meist hochwertigen, aber nicht immer auf selbem Niveau unterhaltenden Output seit Mitte der 00er-Jahre ganz gut. Ich kenne wenige Menschen, die Panda Bear als Musiker nicht gut fänden; ich kenne niemanden, der ihn öfter hört. Das liegt solo auch an einer gewissen Unnahbarkeit des Werks; man hatte bei den letzten paar Alben oft das Gefühl, es gäbe einen Vorgänger, den man verpasst hat, den man aber fürs Verständnis bräuchte. Auf diese Weise wird einer der interessantesten Musiker seiner Generation seltsam vorhersehbar.

Dieses Gefühl beschleicht einen auch auf "Sinister Grift". Das Feel des Albums kommt auf dem Opener "Praise" zwar gut rüber. "Reset" mit Sonic Boom hatte schon Beach Boys-Anflüge, hier sind die Verweise noch deutlicher. Der darunterliegende Song ist aber nicht so gut, als dass er das 60s-Gefühl auch tragen könnte. Der Sound wirkt konstruiert, man wird den Eindruck nicht los, als wisse der Pandabär nur durch 3-4 Scheiben, wie diese Zeit klang. Das ist beim musikalischen Genius des Künstlers natürlich faktisch nicht so, man hört es aber auf "Praise" nicht raus und auf dem sterbenslangweiligen "Anywhere But Here" erst recht nicht. Die portugiesischen Sprechpassagen seiner Tochter Nadja bleiben Gimmick, insgesamt ist viel zu wenig Fett am Fleisch.

"50mg" funktioniert viel besser, hat echten Twang und braucht dafür gar nicht mehr Tempo, sondern eine Souveränität, die den ersten beiden Songs abging. Der wenig verhehlte Drogenhinweis im Titel ebnet den Weg für einen viel persönlicher wirkenden Song, weniger Kunstlied und mehr künstlerisches Lied. Zwei Minuten zu lange dauert "50mg" trotzdem und an der Stelle schimpft man innerlich darüber, dass mit Deakin (Mitproduzent) und Geologist (diverse Credits) schon wieder zwei Kollektivkollegen ihre Hände mit im Spiel haben und die Krankheiten ihrer Hauptband einschleppen. "Ends Meet" ist trotzdem ein ziemlich guter Song, der an allen Ecken und Enden Beck zitiert, wie er die 60er zitiert. Leider reichen die Ideen erneut nur bis zur Songmitte, danach wird geglitzert und geknarzt.

Nach diesen Lichtblicken wartet mit "Just As Well" der nächste übersteuerte Totalausfall, der im besten Fall rasch vorüberzieht. Die einzelnen Teile sind so gut – Pandas flehende Stimme, die griffige Gitarre, die perkussiven Klänge – aber sie sind eingewickelt im faulsten Songwriting-Burrito, der in den 60ern hinter der Heizung vergessen wurde. Die Leichtigkeit und Eleganz von Yacht oder Surfer Rock scheint meist nicht mal in Ansätzen durch, wahrscheinlich weil sie eben so erzwungen ist. Heraus kommt dann "Ferry Lady", der man ein Loch bohren sollte, so ewig gleichförmig und schematisch schwimmt ihre Fähre; aber stattdessen merkt man durch die Ohren: "Venom's In". Strophe, Pre-Chorus, Chorus, Strophe, blabla, Bridge, es legt sich noch eine Keyboard-Zuckerspur hier, ein handwerklich feines, lebloses Gitarrensolo dort. "Sinister Grift" ist langweilig.

"To add harm to injury", sagt der Brite und so wirkt es wie Hohn, wenn zum Schluss des Albums hin Analgetika-Lieder wie "Left In The Cold" oder "Elegy For Noah Lou", unterkomplexe Atmo-Songhüllen ohne Inhalt, den Einheitsbrei aufbrechen und ihn gleichzeitig unterbieten. Cindy Lees Gitarre macht "Defense" nur zu Beginn interessanter, danach geschieht nichts Neues mehr damit. Den zweiten Punkt gibt es nur fürs Handwerk, nicht für die Unterhaltung.

Trackliste

  1. 1. Praise
  2. 2. Anywhere But Here
  3. 3. 50mg
  4. 4. Ends Meet
  5. 5. Just As Well
  6. 6. Ferry Lady
  7. 7. Venom's In
  8. 8. Left In The Cold
  9. 9. Elegy for Noah Lou
  10. 10. Defense

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