laut.de-Kritik
Im Grenzbereich von Speed- und Thrash-Metal.
Review von Michael EdeleTja, das ist wohl nur konsequent. Paradox ist nun offiziell das Soloprojekt von Charlie Steinhauer geworden. Denn auf "Mysterium" stammen sämtliche Gitarren- und Bassspuren über die programmierten Drums bis hin zum Gesang komplett aus seiner Feder (respektive seinen Fingern, respektive seinen Stimmbändern).
Aber sind wir ehrlich, auch wenn Charlie Teile der letzten Alben von anderen Musikern hat einspielen lassen, war er doch schon immer der alleinige kreative Kopf und Ideengeber von Paradox. Nun hat er sich also das Geld für Gastmusiker komplett gespart und sich einfach auf das konzentriert, was er eh am besten kann: Songs im Grenzbereich aus Speed- und Thrash-Metal schreiben.
Der Alleingang dürftech dem Ableben von Drummer Axel Blaha 2023 geschuldet sein, dem das kurze, instrumental akustische und mediterran angehauchte "Grief" gewidmet ist. Davon abgesehen tritt Charlie auf "Mysterium" das Gaspedal weitgehend durch und lässt die Drums dermaßen nach vorne peitschen, dass der gute Axel damit sicher seine Freude hätte.
Ein kurzes Intro und schon ballert "Kholat" los: Paradox at its best, sozusagen. Wer nun denkt, dass man ausschließlich das bekommt, was man erwartet (wofür Charlie in aller Regel bekannt war), irrt gewaltig.
Klar, die pfeilschnellen Riffs, die hymnischen Melodien und der verspielte Stil von Paradox sind jederzeit vorhanden. Doch Charlie geht auf "Mysterium" dermaßen in die Vollen, dass er es für meinen Geschmack zum Teil fast übertreibt. Sind es Wut und Verbitterung über den Tod des alten Freundes? Vielleicht, jedenfalls werden teilweise brachiale Emotionen kanalisiert.
So schlägt etwa "Those Who Resist" eine wirklich atemberaubende Rhythmik an, der in Sachen Spielwitz selbst ein Jeff Waters kaum hinterherkommen würde. "One Way Ticket To Die" setzt mit rasenden Death Metal-Riffs noch einen drauf. Wobei in den Soli die Melodie etwas zu kurz kommt, was dem ganzen eine satte Kerry King-Schlagseite verpasst.
Während ein Track wie "Abyss Of Pain And Fear" mit einem ungewöhnlichen Mittelteil überrascht und "Pile Of Shame" eher auf Midtemporiffs setzt, lässt Charlie gerade in den Soli die Finger fliegen, als ginge es um sein Leben. Dass dabei die Melodien hie und da zu kurz kommen, liegt in der Natur der Sache, ist angesichts der Fülle an Harmonien und melodischen Leads aber kein Beinbruch.
Mit dem Titeltrack und dem folgenden "The Demon God" setzt Charlie gegen Ende zwei weitere Highlights, die mit bei sechs bzw. sieben Minuten über die komplette Distanz funktionieren. Der midtempolastige Bonustrack "Within The Realms Of Gray" bildet einen eher ungewöhnlichen Schluss, zeigt aber - genau wie der Rest des Albums - keinerlei Schwächen.
Oberflächlich betrachtet, mag "Mysterium" ein typisches Paradox-Album sein, mit allen bekannten Trademarks und Stärken. Wer sich mit Charlys Schaffen aber etwas und näher beschäftigt hat, wird feststellen, dass sich die Scheibe dennoch deutlich vom bisherigen Werk unterscheidet.
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