laut.de-Kritik

Atmosphärischer Livemitschnitt aus Japan.

Review von

Ein weißblau gestreifter Schlabberpulli und eine wirre Frisur zeugen davon, dass in Pat Methenys Welt nur Eines zählt: seine Musik. Das zeigt sich auch anhand dieser Veröffentlichung, die ohne Interviews, Untertitel, Ankündigungen oder sonstigen Schnickschnack auskommt. Die Aufzeichnung beginnt mit dem Einlegen der DVD und endet nach den Schlusstiteln.

Ein Minimalismus, der sich auch bei den Kameraeinstellungen im japanischen Tokyo am 19. und 20. September 2002 zeigt: Zwar sorgen mehrere Kameras für wechselnde Einblendungen, der sachliche Schnitt wirkt aber eher dokumentarisch und nur selten mitreißend. Was auch für das Publikum gilt, das aus seinen Theatersesseln heraus artig zwischen den Titeln klatscht und ansonsten der Aktivität auf der Bühne lauscht wie bei einem Klassikkonzert.

Genau so beginnt es auch: Metheny tritt alleine auf die Bühne und spielt mit Klassikgitarre "Last Train Home" aus den 80ern. Recht unvermittelt holt er anschließend eine semiakustische Klampfe hervor und beginnt, abartige Tonleitern herunter zu dudeln, während sich seine Band in Position bringt. Die Reihenfolge der Prioritäten lautet ab jetzt: Erst das Instrument, dann Metheny, schließlich seine Begleitung, die aus dem festen Mitglied Lyle Mays an Klavier und Keyboard, Steve Rodby (Bass), Antonio Sanchez (Schlagzeug) sowie den Multiinstrumentalisten Richard Bona und Cuong Vu besteht.

Neben vier Stücken aus ihrem damals aktuellen Album "Speaking Of Now" (2002) beschäftigen sie sich auch immer wieder mit der Vergangenheit, aus der die Coverversion "Insensatez (How Insensitive)", das ganz alte "Are You Going With Me?" oder das in Zusammenarbeit mit dem Saxophonisten Michael Brecker entstandene "Song For Bilbao" stammen. Mal schneller, mal langsamer, zeichnet Methenys warmer, atmosphärischer Sound die Auswahl aus.

Bieten "Proof" oder "A Map In The World" klassischen Jazz, begibt sich das Ensemble mit "You" oder "As It Is" in eher poppige Gefilde. Am wohlsten fühlt es sich aber, wenn die Stile zusammen kommen, wie in den Fusion-Stücken "The Gathering Sky", "Scrap Metal" oder "On Her Way". Die Mitglieder haben immer wieder die Möglichkeit, Soloeinlagen einzulegen, wobei sich der sonnenbebrillte Bona besonders hervortut. Vor allem, wenn er seine hohe Stimme im Hintergrund wie ein Instrument einsetzt.

Natürlich ist es vor allem Metheny, der improvisieren darf. Neben Gitarren in mehreren Ausführungen klimpert er in "Are You Going With Me?" auf einer Mischung aus Gitarre, Laute und Harfe herum. Sein Instrument beherrscht er zweifellos, was jedoch gehörig auf die Nerven geht, ist sein Gesichtsausdruck mit zugekniffenen Augen und aufgerissenem Mund. Bei einem Heavy Metal-Barden mag das ja noch durchgehen, bei Metheny sieht es aber eher aus wie eine chronische Verstopfung.

Die Aufführung endet nach guten zwei Stunden ohne Zugabe. Ist für Fans des US-Amerikaners über weitgehende Strecken Zuckerschlecken angesagt, dürften weniger interessierte Zuschauer erleichtert und leicht gelangweilt aufstehen, um die DVD in den hintersten Reihen ihrer Sammlung verschwinden zu lassen.

Trackliste

  1. 1. Last Train Home
  2. 2. Go Get It
  3. 3. As It Is
  4. 4. Proof
  5. 5. Insesatez (How Insensitive)
  6. 6. The Gathering Sky
  7. 7. You
  8. 8. A Place In The World
  9. 9. Scrap Metal
  10. 10. Another Life
  11. 11. On Her Way
  12. 12. Are You Going With Me?
  13. 13. The Roots Of Coincidence
  14. 14. A Map Of The World - In Her Family
  15. 15. Song For Bilbao

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