laut.de-Kritik
Der Rückblick weckt nostalgische Erinnerungen.
Review von Daniela ReichertBeatles hier, Beatles dort und nebenbei eine öffentliche Schlammschlacht mit der Noch-Ehefrau. Doch Paul McCartney führte auch ein Musikerleben jenseits der Fab Four. Den Verlauf dieser 37-jährigen Solo-Karriere dokumentiert "The McCartney Years".
Die ersten zwei DVDs enthalten sämtliche Musik- und Promovideos, die McCartney im Laufe seiner Solo- und Wings-Karriere drehte. Diese Clips wecken beim einen oder anderen Fan mit Sicherheit nostalgische Erinnerungen, bieten aber auch Neueinsteigern einen guten Einblick in das Schaffen McCartneys nach den Beatles.
Zwar könnte man sich die Lieder sicher auch auf einer Best Of CD anhören, dann entgingen einem aber die teilweise sehr witzigen Bilder. In diese Kategorie fällt zum Beispiel "Hope Of Deliverence", bei dem die Wings sich auf einer mystischen Waldlichtung voller Tiere versammeln.
"Tug Of War" verbindet dagegen die Lyrics mit Bildern über Kämpfe und Kriege, um die Botschaft des Songs zu unterstreichen. Um die unfreiwillige Komik auf die Spitze zu treiben, muss man nur die Kommentierung einschalten. Schon erläutert McCartney persönlich, was er sich bei den Drehs so dachte.
Interessant, wie man auch noch die seltsamsten Videos als Kunst rechtfertigen kann. Unter den 42 Clips gibt es übrigens nur einen Song aus den letzten sechs Jahren: "Fine Line".
Die Extras bieten dafür einen guten Blick hinter die Kulissen. Eine sehr wackelige Handkamera dokumentiert ein Fotoshooting der Wings bei "Band On The Run", was allerdings zu den weniger interessanten Parts gehört.
Dafür erzählt und demonstriert McCartney in der Talkshow "Parkinson" ziemlich eindrücklich, wie er John Lennon einst dazu bewegte, ihn in die Band aufzunehmen. Leider geht die Einstiegsfrage des Moderators in dem Mitschnitt verloren.
Auf "Creating Chaos At Abbey Road" erklärt der Sänger dafür, wieso die Beatles überhaupt anfingen, eigene Songs zu schreiben und stellt selbst einige seiner Lieblingslieder aus der Zeit vor, als die Band noch mit Cover-Versionenn auftrat. Interessant vor allem für Leute die sich zuvor nicht sonderlich intensiv mit den Beatles beschäftigt haben, aber auch für echte Fans informativ.
Richtig spannend wird "The McCartney Years" aber erst mit der dritten DVD. Dort bekommt man Live-Auftritte aus verschiedenen Epochen zu sehen. "Rockshow" entstand 1976 während der Welttournee der Wings und beeindruckt vor allem mit seiner hervorragenden Qualität. Beinahe so, als hätte man die Bilder in einem Studio aufgenommen.
Der längste Live-Mitschnitt der DVD stammt von dem englischen Kult-Festival in Glastonbury. Charmant vor allem, wie McCartney erklärt, dass er ziemlich Angst vor dem Auftritt hatte.
Seine Erleichterung über die Begeisterung des Publikums sieht man ihm ebenfalls an, wenn dieses lautstark "Hey Jude", "Yesterday" oder "Helter Skelter" mitsingt. Überhaupt fühlt er sich offenbar wohler, wenn er bei jedem seiner Auftritte mindestens einen Beatles-Song zum Besten geben kann.
Dass die auch beim Publikum gut ankommen, ist offensichtlich. Insgesamt merkt man den drei DVDs an, wie viel Mühe und Arbeit darin steckt. McCartney sprach sämtliche Kommentare selbst und suchte für die Extras Archivmaterial aus den letzten 37 Jahren zusammen.
Mühe gaben sich die Verantwortlichen auch beim Booklet, das eine Kurz-Biographie über McCartney mit abschließender Zeittafel enthält, allerdings leider nur in englisch.
6 Kommentare
McCartney sagt es zwar nie direkt, aber man sieht es ihm an, daß er weiß, daß er ohne die Beatles nie etwas geworden wäre. Diese Songs sind es, die seine Fans hören wollen. Der harmloseste aller Beatles braucht offensichtlich eine Band, die ihm sagt, wenn ein Song nicht gut ist. Die Nachfolgebands McCartneys hatten offensichtlich nie den Mut dazu.
Naja, "Ob-La-Di, Ob-La-Da", "When I'm 64", "Lady Madonna" und einige andere sind auch mit den Beatles durchgekommen ...
... und der eine wirklich interessante und tolle Post-Beatles McCartney-Titel "Uncle Albert/Admiral Halsey" (von RAM) ist selbst auf diesem Sammelwerk nicht drauf
also ich weiß nicht, paul hat auch solo richtig geile sachen gemacht und jemand mit einem so unglaublich großen talent hätte es auch ohne die beatles zur berühmtheit gebracht. vielleicht nicht unbedingt als musiker, aber durchaus als künstler. wenn man dieses (http://www.amazon.de/Paul-McCartney-Many-Y…) buch mal liest, erfährt man beispielsweise, dass sich paul schon "lange" vor john lennon in der avantgardistischen kunstszene von london herumtrieb und dort viele kontakte zu heute berühmten künstlern pflegte. er selbst hat sich auch stark künstlerisch betätigt (filme drehen, malen etc.) und auch wenn er es natürlich durch seinen starruhm leichter hatte, glaube ich nicht, dass so ein talent unentdeckt geblieben wäre.
Ich hab das Buch gelesen. Naja. Er hat zum Beispiel immer wieder mit Magnetband-Techniken herumexperimentiert. Und das wird immer wieder hervorgehoben. Auf seine Nach-Beatles-Zeit geht das Buch nicht weiter ein. Diese Collage-Techniken, die in dem wirklich famosen Stück "Uncle Albert" anklingen, hat er ja auf den späteren Erfolgsalben leider nicht mehr fortgesetzt. Immerhin: Bei Superfurry Animals gleichfalls famosen "Rings Around The World" 2001 war er dabei, wenn auch nur als "Geräuschemacher" .
McCartney hat(te) Talent, ohne Frage. Nur wusste er nie, dieses auch zu nutzen. Im Team mit Lennon zusammen konnte er es zur Entfaltung bringen, nur hat er nie gelernt, dies alleine zu tun. Deswegen sind für mich alle Post-Beatles-Geschichten auch nur noch Durchschnitt für mich. Ich habe in alles reingehört, aber nie wieder auch nur ansatzweise etwas von beatlescher Qualität gehört.
Zwar haben mir schon damals viele seiner harmlosen Kompositionen nicht unbedingt gefallen (deswegen bin ich kein Fan von Sgt. Pepper's), aber durch die Band konnte das ausgeglichen werden. Er hat danach keine ebenbürtigen Musiker mehr gefunden, die ihn auf den Teppich bringen konnten.
Meine Meinung ^^