laut.de-Kritik

Schöne Indie-Punk Frischzellenkur.

Review von

Einige musikalische Erfolgsgeschichten beginnen damit, dass einer oder mehrere Künstler*innen von Europas größter Insel abwandern und ihr Glück im kauzigen Hafenpfuhl Hamburg suchen. Eine der jüngeren beginnt im Jahr 2021, als der Brite Chris Reardon seine Band dort aus der Taufe hebt und damit für frischen Wind in der Punk- und Indiewelt sorgt. Nach einigen Songveröffentlichungen in den üblich verdächtigen Portalen und einer EP erscheint nun mit "Happy Faces" das höchst agile Debüt.

Die Musik von Plaiins lebt neben schier unbändiger Energie vor allem von ihrer grenzwandlerischen Vielschichtigkeit. Keiner der Songs lässt sich ohne weiteres nur einem schnöden Genre zuordnen, sondern wildert stets dezent außerhalb der eigenen Gewässer. Züge von kratzigem Garagerock, die akustische Tiefe des modernen Hardcore, skandinavische Schweinerock-Elemente, Stoner-Momente, Ausflüge in inseltypischen Retro-Beat und vor allem geschickt gesäte Popsprenkel geben den Stücken ihren Glanz. Reardon singt, schreit, skandiert, spricht oder rappt in seinem unverkennbar breiten, zynischen und fesselnden, britischen Akzent. Wie bei Mike Skinner bildet das Sprachkolorit eine wichtige Komponente der Musik.

Obwohl man an Vergleichen mit Idles oder den Hives kaum vorbeikommt, wirken die meist derben, dengelnden, dreckigen Riffs zu keiner Zeit abgekupfert, eher innovativ, frisch und neu. Songs wie das sehr angenehm an Indiegrößen der 90er erinnernde "Beef Cake" schmieren ihre Coolness nebst unbändigem Pop-Appeal an die Backen der Hörer*innen wie angeleckte Zuckerwatte. "Do One" ("Give them beats and something dancy") passt auf jede Tanzfläche und spielt gekonnt mit Druck und Lautstärke, während "C'est La Vie" irgendwo zwischen Prollchören und Pomp extrem viel Laune macht.

Textlich hantieren Plaiins passend zur Stimmung mit ordentlich Sarkasmus, was vor allem im geil unbequemen Rock'n'Roller "Amazon Warehouse" und dem gegen gewisse Etablissements gerichteten "Sports Bar" zum Tragen kommt. Wer nicht ständig mit dem bunten Strickschal seines Lieblingsclubs rum rennt, wird sich schnell zu Hause fühlen. Mal zuckersüß und albern ("Executive Me"), bedrohlich fett und doch positiv ("Row She Said") oder einfach nur episch abgefuckt und etwas psychedelisch ("Four AM") , jede*r findet etwas in dieser bunten Wühlkiste.

"Happy Faces" stellt erst den Anfang einer Story dar, die unbedingt bald ebenso lebhaft weitererzählt werden sollte.

Trackliste

  1. 1. Happy Faces
  2. 2. Dirty Fish
  3. 3. Be More Animal
  4. 4. Hotel Biscuits
  5. 5. Amazon Warehouse
  6. 6. Do One
  7. 7. Executive Me
  8. 8. Beef Cake
  9. 9. Sports Bar
  10. 10. Row She Said
  11. 11. C'est La Vie
  12. 12. Special K
  13. 13. Four AM

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