laut.de-Biographie
Pöbel MC
Die heilige Rap-Entertainment-Deifaltigkeit "Eloquenz, Kompetenz, Bühnenpräsenz" schreibt sich Pöbel MC zusammen mit seinem Kollaborateur Milli Dance auf die Fahnen. Damit umreißt er auch gleich die Eckpunkte, zwischen denen sich sein musikalisches Schaffen abspielt.
Auf die Fresse soll es geben. Livetauglich soll es sein. Allergrößten Wert legt der gebürtige Rostocker, der später in Berlin ein Zuhause findet, allerdings auf den bewussten Umgang mit Sprache: keine Selbstverständlichkeit im Battlerap.
"Die Sprache, die ich verwende, spiegelt die Wirklichkeit, die mich umgibt", erklärt Pöbel MC im Gespräch mit It's Yourz. "Aber sie beeinflusst sie auch." In einem anderen Interview unterstreicht er diese Haltung: "Der Gebrauch von Sprache ist entscheidend für die Manifestation von Stereotypen und trägt dazu bei, gesellschaftliche Ressentiments zu konservieren. Und das will ich nicht."
Klar Position gegen Sexismus, Rassismus und Homophobie zu beziehen, gebietet sich da fast von alleine. Den Beweis, dass es derlei geistige Drünnbrettbohrerei nicht braucht, damit eine Punchline sitzt, tritt Pöbel MC Part um Part an, seit er um 2015 erstmals in Erscheinung tritt und wenig später im Dunstkreis der Gesinnungsgenossen von Waving The Guns die Aufmerksamkeit auf sich zieht.
"Das war aber natürlich nicht der Anfang meiner Beschäftigung mit Rap", betont er. Hip Hop habe er bereits ausgiebig konsumiert, ehe er erste Texte geschrieben, Tracks aufgenommen und ins Netz gestellt hat. "Früher hab' ich auch gern mal besoffen auf Partys gefreestylet", ergänzt er.
Sein Mixtape "Personality Trainer" erscheint im November 2016. Anfang des darauffolgenden Jahres begleitet er Waving The Guns auf deren "HandfrakTOUR". Da die Chemie auf und neben der Bühne stimmt, soll das nicht die letzte Kooperation bleiben: Im Frühjahr 2018 legt Pöbel MC zusammen mit WTG-Rapper Milli Dance das Kollabo-Album "Soli-Inkasso" nach.
Als "MC Dienstleister in Sachen geistiger Versorgung und rhetorischer Ermordung", preist ihn sein Label Audiolith. Den Ruf eines begnadeten, weil Vollabriss garantierenden Live-Rappers trägt Pöbel MC da längst vor sich her. Doch auch im Studio kommt er zu Potte: 2019 wirft er sein "Pöbel Sports Tape" unters Volk - tatsächlich nur ein Aufwärm-Training fürs Anfang 2020 folgende Album "Bildungsbürgerprolls".
Einen Abstecher in ganz andere musikalische Gefilde gestattet er sich im Herbst 2020: Unter dem Alias Multilingual Mike veröffentlicht er die EP "Nass Vom Bass". Der Titel des begleitenden Featurefilmchens umreißt ganz gut, was Pöbel zusammen mit DJ Flexscheibe da ausgebrütet hat: "La Vida Loca auf Beats aus Osteuropa".
Er sei ohnehin "gar nicht so krass mit Rap sozialisiert" worden, sinniert er. Seinem Rhythmusgefühl habe das Schlagzeugspiel gutgetan, Pöbel MC trommelt, noch zu seiner Rostocker Zeit, in diversen Bands, die allerdings mit Hip Hop wenig am Hut haben. "Über die Klassiker, Korn, System Of A Down, Metallica, sind wir in härtere Gefilde gelangt, haben irgendwann Death und Black Metal gespielt, was ich heute noch sehr feiere."
Aber auch Cypress Hill und die Fugees, Sabrina Setlur und diverse Hip Hop-Tapes, die der Onkel angeschleppt hat, haben Eindruck geschunden. Sie machen aus Pöbel MC, was sein Name verspricht: einen waschechten MC, immer bestrebt, die schlechte Konkurrenz zu filetieren.
Der Ausflug in den Hardbass hinterlässt auch auf der 2021 nachgelegten EP "Stress & Raugln" noch Spuren: Auch hier ruft Pöbel MC sein Alter Ego Multilingual Mike noch einmal für einen Track auf den Plan. "Rumatzen und gute Laune" empfiehlt er ansonsten als Ausgleichssport zum Stress, in denen einen der Zustand von Welt und Gesellschaft allzu leicht versetzen kann.
Zunächst nur digital erhältlich, feiert "Stress & Raugln" seinen zweiten Frühling im ... nun ... im Frühling 2022: Ab da ist sie im Doppelpack mit der nächsten EP nun auch auf physischen Tonträgern erhältlich. Der neuerliche Schlag trägt ebenfalls einen programmatischen Titel, der die Punchline-Dichte bereits ahnen lässt: "Backpfeife Auf Endlosschleife".
Machen wir uns also nichts vor: "Wack-MC-Mord bleibt eine klassische Sisyphosarbeit", so Pöbel MC. "Es ist wie Toilettenputzen, es hört nie auf. Man kann es aber trotzdem nicht einfach bleibenlassen, ohne dass es verheerende Folgen hätte."
Besagten Stein rollt der Rostocker im Frühjahr 2023 erneut den Berg hoch: Im März erscheint der Nachfolger seines Durchbruchswerks: "Pöbel Sports Tape II". Musikalisch zeichnet sich leider ein Stück weit eine Rückentwicklung ab. Und so bleibt die Frage, ob auch die Hörerschaft weiterhin bereit bleibt, den Stein ebenfalls immer wieder hochzuknechten.
Dabei hilft "Dr. Pöbel" aus dem Jahr 2024 jedenfalls nur bedingt; zu sehr versteift sich der Rapper auf Elemente, die er nicht beherrscht und lässt alte Stärken liegen. Noch viel zu tun bis zum Dr. ger. rap.
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