laut.de-Kritik

"Ich habe keinen Bock, ein Rockalbum zu produzieren." (Danger Mouse)

Review von

Das muss gesessen haben: Angeblich ließ Danger Mouse Portugal. The Man-Fronter John Gourley beim gemeinsamen Kaffee mit den Worten "Ich habe keinen Bock, ein Rockalbum zu produzieren" abblitzen. Doch der Amerikaner scheint kein sonderlich konsequenter Mensch zu sein. Am Ende produzierte er "Evil Friends" doch - und drehte es zu einem Popalbum.

Für die Promotion der Band aus Alaska war diese Kooperation ein entscheidender Bestandteil. "New album produced by Danger Mouse" teasen sie auf ihrer Homepage, noch bevor man überhaupt geklickt hat. Dabei müssen sie ihr Songwriting gar nicht hinter dem Produzenten verstecken. Gekonnt, vielseitig und kurzweilig ist es, was das Quintett eingespielt hat.

Ihr siebtes Album ist eine problemlose Reise in die große weite Welt der Indiemusik geworden. Und im Gegensatz zu ihrer kalten Heimat geben sie erstaunlich warme Klänge von sich: Blecherne Drums, trockene Gitarren und minimalistische Melodien dominieren das Soundbild.

Man nehme da einmal das wunderbar sommerliche "Hip Hop Kids": Mit Britpop-Flair, einem breiten Refrain und schnörkelloser Struktur entwickelt der Song ordentlich Zugkraft. Ebenso funktioniert auch die zweite Single "Atomic Man" und das launige "Creep In A T-Shirt". So sind schon einmal rund zwölf Minuten der Ich-fahr-Cabrio-mit-offenem-Verdeck-CD gefüllt. Schön, fehlt ja nur noch das Cabrio.

Es folgt "Hey Jude", ach ups, "Sea Of Air". Die unabsichtliche Verwechslung ist keineswegs negativ aufzufassen, denn "Sea Of Air" ist ein atmosphärisch dichtes und schönes Folkstück, das eben durch seine überraschende Explosion mitten im Song extrem an den Beatles-Evergreen erinnert. Auch "Waves" infiziert sich an der gerade in Charts und Popkultur grassierenden Natursehnsucht und ist im Klangbild den Mumford & Sons nicht unähnlich. Mit Synthies und großer Geste fällt es aus dem Albumdurchschnitt heraus.

Dank trippigem Melodiegeplänkel bleiben "Purple Yellow Red And Blue" und das flirrende "Evil Friends" in Erinnerung. Der Titeltrack gewinnt dank verzerrter Stimmen und einer Gesangsführung, als würde Gourley seine Worte mit einem Megafon direkt in die Ohren der Hörer drücken. Der hüpfende Basslauf und die lustigen Chöre machen "Purple Yellow Red And Blue" zum Ohrwurm des Albums - zu Recht eine Single-Auskopplung.

Auch zum siebten Mal legen Portugal. The Man also ein unterhaltsames und rundes Album vor. Wo diese Kreativität herkommt, bleibt das Geheimnis des Quintetts. Eines lässt sich dennoch nicht aberkennen: "Evil Friends" ist gezeichnet von der groove-geführten Handschrift des Produzenten. Manchmal ist es eben gut, seine Meinungen zu ändern.

Trackliste

  1. 1. Plastic Soldiers
  2. 2. Creep In A T-Shirt
  3. 3. Evil Friends
  4. 4. Modern Jesus
  5. 5. Hip Hop Kids
  6. 6. Atomic Man
  7. 7. Sea Of Air
  8. 8. Waves
  9. 9. Holy Roller (Hallelujah)
  10. 10. Someday Believers
  11. 11. Purple Yellow Red And Blue
  12. 12. Smile

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LAUT.DE-PORTRÄT Portugal. The Man

Oberflächlich betrachtet ist es ein Leichtes, John Baldwin Gourley (Gesang, Gitarre), Wesley James Hubbard (Keyboard und Programming), Zachery Scott …

9 Kommentare

  • Vor 11 Jahren

    @Tscheioheneies (« @soulburn (« Das waren so die allerletzten VISIONS-Ausgaben, die ich mir geholt hab, wo in einer die 'Waiter: "You Vultures!"' als Album des Monats vorgestellt wurde.
    Danach war ich wirklich gönnerhaft bis zur 'Satanic Satanist' voll dabei, obwohl mich nur die beiden genannten als Album vollends überzeugen konnten.
    Was kam dazwischen? American Ghetto? In the Mountain In The Cloud? Kenn ich beide kaum. Die hier klingt der 'Satanic Satanist' zumindest nicht unähnlich. Und Danger Mouse bürgt ja eigentlich für groovende Qualität, hab keine Produktion von dem, die mir nicht direkt in die Beine geht (außer "Rome", die geht dafür ins Herz).
    Schon interessante, vormals eigentlich hauptsächlich wahnsinnig wandlungsfähige Band. Platte Nr. 5 und diese hier im Kopf könnte aber der Eindruck entstehen, sie hätten sich die letzten Jahre etwas zu sehr in einem Stil verdudelt. Aber bei besserem Wetter im Auto wird die schon noch zünden.
    Kleine Anmerkung Fr. Weinert - der Blick in mein Plattenregal plus die Ergoogelung der beiden Alben, die nicht in meinem Besitz sind, ergibt zusammen mit diesem hier insgesamt 8(!) Studioplatten von PTM seit 2006. »):

    Hmm, ich finde ja die von dir überhaupt nicht erwähnte 'Censored Colors' ihre beste Platte. Ist sehr vielseitig und bietet einige ihrer besten Momente ('And I', '1989/Our Way'). 'Satanic Satanist' geht auch gut rein, ist mir aber schon fast zu poppig und auf Dauer zu uninteressant. 'In The Mountain, In The Cloud' - von der Produktion her viel zu überfrachtet. Hier wird aber trotzdem wieder reingehört. »):

    Du hast natürlich recht, die 'Censored Colors' sticht zwischen 'Church Mouth' und 'Majestic Majesty' nochmal deutlich raus und hätte eine Erwähnung verdient gehabt, zumal ich später ja noch ihre Wandlungsfähigkeit als Qualitätsmerkmal anspreche. Die erste und die fünfte hörte ich in emotional jeweils passenden Zeiten, sowas fällt einem immer zuerst ein. Hab mir aber die ersten fünf tatsächlich fast alle blind gekauft und war nie richtig enttäuscht. Hab sie nur bei DEM Output danach halt einfach bissel aus den Augen verloren...

  • Vor 11 Jahren

    Langsam gehen mir Portugal.The Man aufn Sack. Jedes Album ist mindestens genauso gut wie der Vorgänger. Langsam kann echt mal ein Flop kommen.

  • Vor 11 Jahren

    hätte nicht gedacht dass satanic satanist nochmal getoppt werden könnte!!
    evil friends ist großartig und funktioniert auch live wunderbar, wovon ich mich lezten freitag selbst überzeugen konnte :)
    bleibt noch zu erwähnen dass church mouth und american ghetto die zwei wohl unterschätzesten alben von ptm sind. censored colours ist mir zu experimentell geworden. zu wenig echte gitarren aber auch keine eingängigen melodien.

    Evil Friends= 5 mehr als verdiente sterne