laut.de-Kritik
Zu viel Stockfisch, zu wenig frischer Fang.
Review von Artur SchulzNach 43 Jahren Bandhistorie müffelt ein Albumtitel wie "Es War Schön" im Vorlauf mächtig nach wehleidigem Altersheim. Energetischer, kritisch hinterfragender Rock findet bei den Nachwende-Puhdys dann auch nicht statt. Dafür verwaltet die Band die geliebt/gehassten Genres Deutscher Rock und Pop 2012 recht gefällig - wenn man denn überraschungsarmer Kost Positives abgewinnen kann.
Durch Seefahrermetaphern verbrämt, arbeitet die Band ihre Motive der Lebensreise in den eröffnenden Nummern "Schiffsouvertüre" und "Unser Schiff" gleich glasklar als roten Faden fürs gesamte Album ab. Klingt womöglich nach Anlehnung an den Erfolg von Santiano. Doch in fröhliche Shantyseligkeit tauchen die Puhdys nicht ein, sondern in die Tiefen des Gemütsbefindens.
Die Neugier auf unbekannte Musikstrände vermisst man bald, angesteuert werden vertraute Küsten und Häfen. Einstige Großtaten wie die fast schon psychedelische "Reise Zum Mittelpunkt Der Erde" sind nicht auffindbar, hallen aber dennoch nach. Etwa in "Wenn Ein Mensch", der bewussten Anlehnung an den früheren Hit "Wenn Ein Mensch Lebt". Keine überflüssiges Remake, sondern ein brandneuer Song.
Ein Track wie "Die Welt Ist Ein Wunder" steht beispielhaft für die griffigen, trotz ihrer Eingängigkeit nur selten in Schlagernähe driftenden Kompositionen. Zwiespältige Eindrücke hinterlassen aber die Texte. Zeilen der Sorte "Ich habe alles, was ich brauch / ich bin am Leben und lachen kann ich auch" stehen für mehr Flaute als frischen Wind in den Lyrics-Segeln.
Gelungener dagegen: "Wenn Ein Mensch". Hier thematisiert die Band das Gedenken an einen verstorbenen Menschen. Passend zu den sorgsam gewählten Worten dominieren getragene Pianoklänge, statt schwülstiger Geigen ist der Track mit dezenten Streicherpassagen unterlegt.
"Für Dich" ergeht sich rhythmisch in Hauruckbeats, garniert mit folkigen Anklängen. Das lässt den Song insgesamt allerdings sehr unentschlossen herumtaumeln. Zu dick aufgetragenes Pathos lässt die Nummer vollends abschmieren. "Einfach Leben" könnte glatt dem Pur-Fundus entnommen sein, was kein Kompliment darstellt. Die schlagerhaften "Woo-Hoo-Hoo"-Chöre tun ihr Übriges.
Hauptproblem der Platte: die Puhdys möchten handgemachten Rock mit Anspruch kombinieren, doch das gelingt nur selten überzeugend. Einigen gelungenen Herangehensweisen stehen zu viel sattsam bekannte Klischees aus Pop und Rock gegenüber. Der Mix aus Maffay, Ost- und Krautrock kommt dann einfach zu betulich rüber.
Handwerklich solide eingespielt, fehlen die wirklich zündenden Momente und tatsächliche, außergewöhnliche Highlights. Mehr als gewohntes Futter für die Schar der eingefleischten Fans findet sich damit nicht in der Vorratskammer. Die Seereise der Puhdys birgt keine Skorbutgefahr, doch Smutje Birr und seine Besatzung bringen statt frischem Fang leider allzu häufig nur Stockfisch auf den Tisch.
5 Kommentare
Schade eigentlich dass die heutzutage kaum einer mehr kennt. Eine der besten Bands Deutschlands.
urhaessliches cover
Ja, wirklich zünden tut das Album nicht. Aber verträumt winterlich bietet es dem geneigten Mainstream-Hörer ein wenig Abwechslung vom Radio-Gedudel.
@Sancho (« Schade eigentlich dass die
heutzutage kaum einer mehr kennt. »):
woher soll man die kennen, wenn man nicht gerade oesse ist?
Recht ruhiges Album, gefällt mir trotzdem nicht schlecht. Am rockigsten sind die beiden iTunes-Bonussongs die ich mir dann noch gekauft hab