laut.de-Kritik

Viel vor, nix dahinter.

Review von

"Bei Technik-Fragen, Tech Nick fragen!" Oder eben Rapsta. Der hätte sich in der Werbung des bekannten Elektrofachhandels mit dem Planeten im Namen sicher auch nicht schlecht gemacht. Dass der Stuttgarter einen Laptop rebooten oder dir die Waschmaschine korrekt anschließen kann, will ich gar nicht anzweifeln, sein ausgewiesenes Fachgebiet liegt aber eher in der Sprechgesangs-Technik. Double-, Triple-, oder sogar Quadrotime? Alles kein Problem für den 24-Jährigen.

Sein souveräner Flow war es wohl auch, der ihm vor gut drei Jahren einen Majordeal einbrachte. Obwohl Rapsta laut eigener Aussage schon seit zehn Jahren Musik macht, hatten ihn vor seinem "Koma"-Video wohl die wenigsten auf dem Schirm. Das reichte Warner aber, um dem Stuttgarter einen Vertrag unter die Nase zu halten. "Ihr Schweine habt mich alle unterschätzt, aber jetzt geht's los / Und keiner kann mehr sagen ich bin whack".

Was seine Reimtechnik angeht, mag Rapsta da ja durchaus Recht haben. Da sitzt nicht nur jede Silbe on point, der Stuttgarter entwickelte mit Stimmeinsatz und Betonung auch einen eigenständigen Flow. Auf den ersten Blick scheint also Rapstas durchgehend großspuriges Gehabe gar nicht mal so übertrieben. Spätestens bei der dritten oder vierten Anspielstation stellt sich aber die Frage: Kommt da noch was?

"Will Mucke machen, die es noch nie gab", heißt das ambitionierte Zeil des Newcomers. Von der heiligen Dreifaltigkeit aus Beat, Text und Delivery überzeugt aber höchstens letztere.

Das Produzententeam um Dinorado manscht in einem Trap-Einheitsbrei mehr schlecht als recht alles zusammen, was gerade so durch die Soundcloud-Kanäle in den USA geistert und schafft damit genau das Gegenteil: Statt neuen, spannenden Sounds grüßt hier eintönige Langeweile. Schlimmer noch: Ab und an quietschen die Synthies wie bei "Kein Stress" so penetrant aus den Lautsprechern, dass Olli Banjos unmotivierter Part fast schon untergeht.

Wenn Style und Delivery im Vordergrund stehen, leidet darunter bekanntlich oft die Themenvielfalt und selten sollte man die Erwartungen in Sachen Storytelling oder textlicher Brillanz allzu hoch schrauben. Kollegen wie Lance Butters beweisen ja immer wieder, dass der angestaubte Begriff des "Stylers" immer noch funktioniert.

Der Vergleich mit dem Maskenrapper passt zumindest in der Grundeinstellung: Beide zelebrieren in ihren Tracks meist Ignoranz und Oberflächlichkeit. Während ein Herr Butters diese Schiene aber konsequent fährt und dadurch ein rundes Gesamtbild zu Stande kommt, baut Rapsta auf "Ah!" immer wieder Stolperfallen ein. Wenn dann dazu die schlichten Erzählungen über Majordeals, "Money" und Bitches irgendwann unfreiwillig komisch wirken, geht die zuvor durchaus vorhandene Lässigkeit völlig verloren. "Menschen sind gierig und bringen einen öfter zum Weinen als Zwiebeln" heißt es etwa auf "Unter Wasser", dem pseudo-emotionalen Tränendrüsen-Track des Albums.

Schlimmer gerät da fast noch "Cocktail", das auf peinlichste Art und Weise versucht, das Liebesspiel mit Longdrink-Metaphern zu umschreiben: "Wie es mich heiß macht, wenn du das Ice crushed / Saug an dem Cock – Tail, denn es ist Freitag / Ich will kein Caipi, Long Island Ice Tea / Ich will nur Sex On The Beach und du weißt wie / Du ihn schütteln musst, shake shake". Remoe macht es in der Hook auch nicht gerade besser: "Leiste dir Gesellschaft, Baby, dann bist du nicht so allein / Baby, ich steck dir meinen Strohhalm rein und dann sind wir ein Cocktail". Solche lyrischen Entgleisungen verhindern, dass man Rapsta abnimmt, was er sich selbst nur allzu gerne zuschreibt: Die smoothe Coolness, die nun mal nötig ist, um das übersteigerte Selbstbewusstsein nicht als reines Posertum zu entlarven.

Mit fast einer Stunde Spielzeit zieht sich "Ah!" zudem viel zu lange und gerät dadurch mehr und mehr zur Geduldsprobe. Der rote Faden fehlt, konzept- und profillos eiert Rapsta von einem inhaltslosen Track zum nächsten. Sein Debüt wirkt in keiner Sekunde stimmig, sondern eher wie ein wild zusammen gewürfeltes Best Of-Mixtape seiner bisherigen Schaffenszeit. Wenn das schon das Beste ist, was der Neuling zu bieten hat, wird es noch einer weiter Weg, will er wirklich "dahin wo noch keiner war".

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. Ah!
  3. 3. Money
  4. 4. Highway
  5. 5. Topsecret
  6. 6. Mayday (feat. Musiye & TOON)
  7. 7. Wer Bist Du
  8. 8. Mehr Vom Leben
  9. 9. Rapsta Hat Ein Date
  10. 10. Cocktail (feat. Remoe)
  11. 11. Kein Stress (feat. Olli Banjo & Jaysus)
  12. 12. Hollywoodstah
  13. 13. Zeit Ist Geld
  14. 14. Zwischen Den Zeilen
  15. 15. Unter Wasser (feat. Jenny Marsala)
  16. 16. Viel Vor (feat. Musiye)

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