laut.de-Kritik

Mit Alphaville und Springsteen im Gepäck kann die kalte Jahreszeit kommen.

Review von

Nach dem Sommer hoffen wir sehnlichst auf einen tröstlichen Herbst - da kommt Rebekka Bakken mit "September" natürlich genau richtig. Mit viel wärmender Sonne im Gepäck - doch immer wieder durchziehen melancholische Nebel ihre zwölf neuen Tracks.

"September" gestaltet sich als gleichermaßen europäisch, wie von vielerlei US-amerikanischen Einflüssen geprägtes Album. Als Co-Produzent fungiert der in Kanada geborene und in New York arbeitende Malcolm Burn (Emmylou Harris, Patti Smith, Bob Dylan). So finden sich allerlei Folk- und Country-Einflüsse in den Arrangements. Doch mit vordergründigem Pferdegetrappel haben Burn und Bakken gottlob nichts am Hut. Mehr noch: die aktuelle Vorgehensweise verfeinert und variiert die Ergebisse des vorzüglichen Vorgängers "Morning Hours".

Eindrucksvoll führt Rebekka vor, was ein gutes Cover aus einem altbekannten Titel herausholen kann. Als gleichermaßen durchdacht wie beseelt interpretierte Nummer hinterlässt die Neufassung von Alphavilles "Forever Young" weit mehr als nur einen guten Eindruck. Die Synthies rücken gegenüber dem Original als zurückhaltend agierende Sound-Kulisse in den Hintergrund. Gesanglich gelingt der Norwegerin eine intim-intensive, gänsehautmachende Umsetzung des Klassikers. Als willkommene Beigabe zitieren die dezenten Beats sogar Ultravox' "Vienna".

Eighties-Pop aus Deutschland, und der Boss auf einem Album? Hier keine Unvereinbarkeiten: Springsteens "The Wrestler" erfährt in Rebekkas Händen eine gleichfalls reizvolle und spannende Umsetzung. Bruce' Lakonie und typisches Songwriting ergänzt und veredelt die Sängerin mit beeindruckendem Charisma. Trotz vieler leiser Töne gerät "September" als Ganzes niemals in Gefahr, ermüdend zu wirken.

"Mina's Dream" intoniert Rebekka Bakken vor spartanischer Instrumentalisierung mit geradezu beschwörend-kathedralenhafter Litanei. In seiner Eindringlichkeit klingt es wie gemalt für einen fiktiven Teil der "Herr Der Ringe"-Saga. Neben all dem Ausloten nachdenklicher Stimmungen streut sie wohlgesetzt auch immer wieder luftig-leichte Auflockerungen. So fährt "Driving" einen jazzigen Americana-Ansatz auf, mit viel energischem - und sogar dreckigem - Blues in der Stimme. Zeilen wie "Gonna find me a man / with a heart like a van / cause I like driving" gefallen als gekonnt-schräge Bonmots.

Das "Girl Next Door" verleitet mit seiner ausgewogenen Mixtur aus spielerisch zusammengefügten Elementen von Country und einem Hauch von klassischem Rock'n'Roll sogar zum Mitwippen. Das ist die besondere Kunst der Rebekka Bakken: sie klaubt bekannte und tradionelle Versatzstücke nicht nur einfach zusammen, sondern erfüllt sie mit neuem Leben.

Nie setzt sie ihre Songs plakativ oder effektheischend in Szene, sondern setzt auf die viel nachhaltigere Wirkung ausgefeilten Songwritings. Manchmal zelebriert Rebekka gar die Wiederkehr einer lang vermissten Märchenfee. Was prächtig funktioniert, besonders, weil die eigentliche Amtsinhaberin Stevie Nicks wohl nicht mehr aus den künstlerischen Untiefen des Zauberwaldes herausfindet.

Trotz vieler Nachdenklichkeiten und dem Hadern mit Widrigkeiten des Lebens richtet die Norwegerin den Blick immer fest und klar auf ein besseres Morgen. In "September" lautet die Losung: "And I dare to hope / like spring in autumn / the hands of cold / can't kill a soul". Die kalte Jahreszeit kann kommen.

Trackliste

  1. 1. September
  2. 2. Strange Evening
  3. 3. Love Is Everything
  4. 4. Forever Young
  5. 5. Same Kind
  6. 6. Never Been To Paris
  7. 7. Driving
  8. 8. The Wrestler
  9. 9. Mina's Dream
  10. 10. After All
  11. 11. Girl Next Door
  12. 12. Innocent Thief

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1 Kommentar

  • Vor 13 Jahren

    Ich hör mir sowas zwar nicht an, aber wenn ne neue CD bewertet wird, dann schau ich mir auch ein bisschen die Bewertungen von den vorherigen CD's im Porträt an und mir ist aufgefallen, dass da irgendwer (oder mehrere) immer die niedrigste Bewertung gibt.

    Ist die Musik wirklich so schlecht?

    Was ich schon mal positiv finde ist, dass sich die Sängerin nicht anhört, wie jede andere, die ich jeden Tag im Radio ertragen muss.(Wenn ich mit den Auto fahre nehm ich mir sowieso eine eigene CD mit.:))