laut.de-Kritik
An alle Metzger, Fetischisten und Leichenfledderer ...
Review von Michaela PutzDa hab ich doch endlich mal eine CD mit Mehrwert in der Hand! Die meisten Alben eignen sich gerade mal dazu, sie in den Schlund des CD-Players zu legen, Start zu drücken und dem Hörgenuss zu erliegen. Aber dieses Teil hier kann viel mehr.
Man stelle sich folgendes Szenario vor: Sonntagmorgen. Du liegst verkatert im Bett, der Kopf dröhnt und das Zimmer dreht sich. Dann: Ein Klingeln an der Tür, nach dem Öffnen will dir ein sympathischer junger Herr zum Seelenfrieden verhelfen. Klar, das Zauberwort heißt 'Zeuge Jehova'. Wenn ein solcher Erlösungs-Vertreter hinter dem geöffneten Türspalt Ohrenzeuge dessen wird, was Regurgitate veranstalten, wird er es sich zweimal überlegen, ob du würdig bist, das Himmelsreich zu betreten, und deine Türmatte fluchtartigst verlassen.
Ich wette, dass auch jedem unliebsamen Besuch die Lust auf Kaffee und Kuchen vergeht, wenn das gemütliche Beisammensitzen von diversen Flatulenz- und Rülpsgeräuschen untermalt ist. Dieses Gedankenspiel kann man natürlich beliebig weiterführen, wobei ich bin über die Zusendung eurer fiktiven Geschichten oder aber wirklicher Erlebnisse dankbar bin.
Was Regurgitate angeht: Metzger, Leichenfledderer, Liebhaber von Einläufen und Gastroskopien sowie sämtliche Fetischisten sollten ihre helle Freude an dem Teil haben – und natürlich Liebhaber des gepflegten und deftigen Grindcores. Denn deftig geht es hier zweifellos zur Sache. Diesbezüglich darf man sich vom lieblichen Intro nicht täuschen lassen, in dem unschuldige Vöglein zwitschern. Denn nach einem erschreckten Damengekreische wechseln sich am Mikro ein gedämpftes Gurgeln, Grunzen und Rülpsen mit zwischenzeitigem Geschrei ab.
Dahinter dreschen die Musiker einfach frisch und lustig auf ihre Instrumente ein und schaffen eine – ähem – interessante Geräuschkulisse, die sich mal im Midtempo bewegt, um dann mal wieder einen Zahn zu zulegen. Länger betrachten sollte man übrigens das Cover, das auf den ersten Blick ebenso harmlos wirkt wie das Intro. Was die adrett gekleidete Dame da liebevoll in ihren Armen hält, hört in der Redaktion auf den Namen 'Gedärmbaby' und hat Kollegen Cordas schon mal beim morgendlichen Kaffee überrascht.
Allzu viel Abwechslung bringt das bekanntlich nicht, aber wer erwartet das schon. Denn "Sickening Bliss" groovt stellenweise ganz mächtig, die restliche Zeit gibt es einfach gehörig auf die Löffel. Na dann, Prost Mahlzeit!