laut.de-Kritik

Rap als Selbstzweck in extrem stressigen Zeiten.

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"Rap ruft mich an, fragt 'Dicka, wo gehts lang?', als wenn ichs wüsste." So hochmütig ein Albumtitel wie "Summa Cum Laude" daherkommt, so wenig Illusionen macht sich Rhymin Simon darüber, die Welt besser zu verstehen als der Rest. Im Grunde tritt der Berliner als ultimativer Eskapismus-Rapper an, der sich und seinem Publikum gestattet, in extrem stressigen Zeiten den Kopf auszuschalten. Nach seinem durchwachsenen Comeback vor drei Jahren mit "Essi Duz It/Letzte Liebe" und dem letztjährigen Nachfolger "Jizz" glückt ihm nun sein bislang unterhaltsamstes Werk - trotz einiger Sparwitze.

"MMMP" bezieht seinen Humor vor allem aus dem Kontrast von Stil und Inhalt. Sein Vortrag klingt so kraftlos, als sei hier jemand selbst zum Onanieren zu phlegmatisch, während er zugleich übers "Sportficken" und Mütter rappt, die es zu "pimmeln" gilt. "Es gibt so viele Euter da draußen", frohlockt da der schläfrige Rapper. Quasi als Verführer-Version von Biggies "Mo Money Mo Problems" skandiert Rhymin Simon "Mehr Mütter, mehr Probleme", wobei er anstelle eines heiteren Diana-Ross-Samples auf ein staubtrockenes Old-School-Fundament für seinen arbeitsscheuen Rap setzt.

Generell dienen die Instrumentals für Rhymin Simon in erster Linie dazu, Schabernack zu treiben und dem Live-Publikum einen Anlass zu bieten, zwanglos mit dem Kopf zu nicken, ohne dabei etwas von ihrem Flaschenbier zu verschütten. Eine trockene, emotional indifferente Unterlage bietet etwa "Rote Grütze". "Schnick Schnack Schnuck" schwankt zwischen tapsig und trappig. Wooshy pirscht sich mit dem "Biatch"-Beat heran, während Sean Ferrari das Saxofon anwirft, um zu suggerieren, dass die Lobpreisung des "Camel Toe" mit dem Nate-Dogg-Substitut Ipp Halver in einem stilvollen Setting stattfindet.

Aus dem Rahmen fallen vor allem die Videoauskopplungen. Im Representer "Ich Bin" schwebt der Berliner für seine Verhältnisse geradezu auf einem Stimmungshoch, wohingegen das kryptische "Randbezirk" eine schwer interpretierbare Trauer trägt. Am besten funktioniert Rhymin Simon hingegen, wenn er in "Hell Of A Drug" den lieben Gott einen guten Mann sein lässt. Mit maßvollen Steel Drums und einem drolligen Thailand-Video, in dem der Kingpint Elefanten füttert, auf einem Boot die Küste entlangtuckert und in Unterhose unter dem Moskitonetz schmort, rundet er den Eindruck entspannter Exotik ab.

Rhymin Simon vermeidet es, zu "Diskutieren", wie er im reflektierten Song verdeutlicht. "Da gibt es keinen Grund und da gibts nichts zu erklären", lautet seine Maxime des Selbstzwecks. "Jede Sache hat zwei Seiten. Ich muss für meine nicht mehr fighten", heißt es selbstgenügsam. Zugleich registriert er, dass seine Haltung neue Komplikationen nach sich ziehen kann: "Vielleicht ist das der Kern von allem Übel. Ich diskutier' nicht, ich schweb' weg, als hätt' ich Flügel." Weniger bewusst scheint ihm zu sein, dass es einer privilegierten Position bedarf, seine Umwelt derart auszublenden.

Obwohl seine Herangehensweise fast schon als Alleinstellungsmerkmal durchgeht, wähnt sich der Berliner recht nahe am Mittelwert der Deutschrap-Normalverteilung. "Jeder zweite Rapper ist genau wie ich", behauptet er an der Seite von Mach One und Mike Martn. Dabei strebt Rhymin Simon mit der Rap-Musik weder nach Reichtum noch hegt er den Anspruch, die Welt oder das Genre zu retten. Ja, nicht einmal sich selbst muss er noch nach dem therapeutischen Album "Essi Duz It/Letzte Liebe" kurieren, wie er in "MMMP" bekennt: "Mein Leben ist wieder wow." Das ist höchst erfreulich.

Trackliste

  1. 1. MMMP
  2. 2. Rote Grütze
  3. 3. Schnick Schnack Schnuck
  4. 4. Jeder Zweite Rapper (mit Mach One und Mike Martn)
  5. 5. Hell Of A Drug
  6. 6. Biatch
  7. 7. Camel Toe (mit Ipp Halver)
  8. 8. Randbezirk
  9. 9. Neuköllner Nächte (mit Adden)
  10. 10. Amen
  11. 11. Ich Bin
  12. 12. Diskutieren
  13. 13. Sag Ihm

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1 Kommentar mit 4 Antworten

  • Vor einem Jahr

    "MMMP" bezieht seinen Humor vor allem aus dem Kontrast von Stil und Inhalt. Sein Vortrag klingt so kraftlos, als sei hier jemand selbst zum Onanieren zu phlegmatisch, während er zugleich übers "Sportficken" und Mütter rappt, die es zu "pimmeln" gilt. "Es gibt so viele Euter da draußen", frohlockt da der schläfrige Rapper.

    Wie man als erwachsener Mann ernsthaft so eine Scheiße von sich geben kann wird mir immer ein Rätsel bleiben. Man muss ja nicht immer was gehaltvolles zu erzählen haben aber das ist doch Müll.